Inkontinenz

Wissen zu Inkontinenz -Daten und Fakten

Es gibt zwei Arten von Inkontinenz:

1. Stuhlinkontinenz:

Das Unvermögen, Stuhl oder Gase zurückzuhalten oder willkürlich abzusetzen.

Unterscheidung bei Stuhlinkontinenz:
  • relative Inkontinenz: ungewollter Abgang von dünnem Stuhl
  • absolute Inkontinenz: ungewollter Abgang von auch festem Stuhl

2. Harninkontinenz:

Das Unvermögen, Urin willentlich in der Blase zu halten.

Unterscheidung bei Harninkontinenz:
  • teilweise Inkontinenz: Urin wird noch in der Blase gespeichert, aber nicht immer und/oder nicht vollständig kontrolliert abgegeben
  • vollständige Inkontinenz: Urin läuft ständig aus der Blase.

Es werden fünf verschiedene Formen der gestörten Harnblasenspeicherfunktion unterschieden:
1. Stressinkontinenz oder Belastungsinkontinenz: Der Harnröhrenverschluss ist unzureichend und es kommt zum ungewollten Urinabgang unter Belastung, insbesondere bei erhöhtem Bauchinnendruck, also typischerweise beim Lachen, Husten, Pressen, Hüpfen, Treppensteigen.

2. Urgeinkontinenz oder Dranginkontinenz: Dabei kommt es zu ungewolltem Urinabgang bei gesteigertem Drang zum Wasserlassen – wie bei Blasenentzündungen.

3. Reflexinkontinenz: Der Urinabgang geschieht unwillkürlich bei nicht bewußt steuerbarem (autonomem) Sich-Zusammenziehen der Blasenmuskulatur (bei Nervenschädigungen im Rückenmark, zum Beispiel Querschnittlähmung)

4. Überlaufinkontinenz: Dies bedeutet ständigen Urinabgang, wobei große Restharnmengen (Menge des nach der vermeintlich vollständigen Blasenentleerung in der Blase verbleibenden Urins) einen so hohen Druck in der Blase erzeugen, dass dieser den größtmöglichen Verschlussdruck der Harnröhre übersteigt.

5. Außerhalb der Harnröhre gelegene Inkontinenz: Dabei handelt es sich um einen Urinabfluss aus der Blase, der nicht über die Harnröhre erfolgt wie zum Beispiel bei einer Blasen-Scheiden-Fistel (einer im Rahmen von Entzündungen oder Tumoren neu entstandenen gangartigen Verbindung zwischen zwei sonst unverbundenen Organen oder Gewebestrukturen – im genannten Fall zwischen der Harnblase und der Scheide).

Ursachen

Die möglichen Ursachen einer Stuhlinkontinenz sind in erster Linie Verletzungen des Schließmuskels, die im Rahmen eines Dammrisses dritten Grades (im Rahmen einer Entbindung Einreißen der Gewebebrücke zwischen Scheidenausgang und Darmausgang bis in den Enddarm hinein), einer sogenannten Pfählungsverletzung infolge eines Darmschleimhautvorfalls oder durch nicht sachgerechte Operation einer hohen Analfistel vorkommen können. Seltener liegt die Ursache in einer narbigen Darmausgangsverengung oder einer Ausstülpung der Enddarmschleimhaut nach unsachgemässer Operation von Hämorrhoiden. Ursächlich ist bei tiefsitzendem Enddarmtumor auch ein Einwachsen des Tumors in den Schließmuskel möglich.

Diagnose zu Inkontinenz -Daten und Fakten

Die Diagnose kann meist schon aufgrund einer ersten Befragung gestellt werden. Bei Vorliegen einer Harninkontinenz können in der Regel die häufigsten Formen nach den Umständen des Urinabgangs unterschieden (siehe unter "Symptome") werden. Eine Stuhlinkontinenz kann unter anderem bei unwillkürlichem Stuhlabgang der Fall sein, sofern ein akuter Auslöser wie eine Durchfallerkrankung ausgeschlossen ist.

Die Untersuchungen beginnen in der Regel mit einer ausführlichen Erhebung der Krankengeschichte, das heißt Erfragen von:
  • Zeitdauer und Art des unwillkürlichen Urinabgangs
  • Häufigkeit und Beschaffenheit des Stuhlgangs
  • vorangegangenen Operationen, insbesondere im Unterbauch
  • vorangegangenen Entbindungen
  • weiteren Erkrankungen
  • regelmäßig eingenommenen Medikamenten
  • beruflicher und sozialer Situation
  • psychischer Verfassung

Die Diagnostik der Inkontinenzursache sollte mit einer einfachen Urinuntersuchung beginnen, mit der ein Harnwegsinfekt ausgeschlossen werden kann.

Weitere Untersuchungen:
  • eine Ultraschalluntersuchung der Blase und der Nieren einschließlich einer Restharnbestimmung (= Bestimmung der nach dem "vollständigen" Entleeren der Blase verbleibenden Urinmenge)
  • eine gynäkologische Untersuchung unter urologischen Gesichtspunkten zur Feststellung insbesondere einer eventuellen Gebärmuttersenkung oder einer Atrophie (Rückbildung/Ausdünnung/Schwund, oft mit Trockenheit verbunden) der Genitalschleimhaut
  • eine "urodynamische" Messung, das heißt eine Untersuchung des Füllverhaltens und der Art des Urinabgangs der Blase sowie unter anderem des Harnröhrenverschlussdruckes.
Bei Stuhlinkontinenz wird nach der Anamnese und der körperlichen Untersuchung gegebenenfalls eine Spiegelung des Enddarmes oder des gesamten Dickdarmes angeschlossen, um beispielsweise Fisteln (meist entzündlich oder tumorbedingt entstandene künstliche Gangverbindungen) zu erkennen.

Symptome

Kommt es bei Anstrengung (Husten, Niesen) zum unwillkürlichen Urinabgang, handelt es sich womöglich um eine Stressinkontinenz. Läuft der Urin bei starkem Harndrang ohne Einflussnahme weg, besteht am ehesten eine Dranginkontinenz, woraufhin der Urin auf eine bestehende Entzündung untersucht werden sollte. Bei bekannter Nervenschädigung im Rückenmark insbesondere einer Querschnittlähmung ist mit einer autonomen Blasenaktivität zu rechnen. Läuft der Urin ohne Möglichkeit der Kontrolle ständig weg, liegt am ehesten eine Überlaufblase vor, wobei ursächlich bei älteren Männern an eine Prostatavergrößerung gedacht werden muss.
Die Anzeichen einer Stuhlinkontinenz ergeben sich aus der Definition der Erkrankung: Bei unfreiwilligem Abgang von dünnflüssigem Stuhl liegt eine relative Inkontinenz vor; geht ungewollt auch fester Stuhl ab, spricht man von einer absoluten oder totalen Inkontinenz. Auch das Nicht-unterscheiden-können von Stuhl und Gas fällt unter den Begriff Inkontinenz.

Behandlung zu Inkontinenz -Daten und Fakten

Die Behandlung einer Stuhlinkontinenz ist in der Regel eine ursächliche. Dies bedeutet, dass ein verletzter Schließmuskel genäht werden muss. Bei schlaffer Schließmuskulatur wird eine verstärkende Operation vorgenommen und bei neurologischen Schäden oder zerstörtem Schließmuskel eine Neuschaffung des Schließmuskels aus dem Muskel einer anderen Körperstelle.

Die Behandlung einer Urininkontinenz ist vielschichtiger und richtet sich nach deren Form:

Belastungsinkontinenz (früher "Stressinkontinenz"):
  • Beckenbodentraining: Dies kann aus reinen Muskelanspannübungen bestehen oder beispielsweise mit in die Scheide eingeführten kleinen Gewichten geschehen, die gehalten werden müssen; entscheidend ist die konsequente regelmäßige langfristige Durchführung, wobei Erfolgsraten von 50 % bis 70 % erreicht werden können
  • Gewichtsreduktion: Bei mässig übergewichtigen Frauen kann eine leichte Gewichtsreduktion die Inkontinenzereignisse um über die Hälfte reduzieren
  • Medikamente: wegen erheblicher Nebenwirkungen selten zu empfehlen
  • Operation: verschiedene Methoden mit unterschiedlicher Langzeitwirkung und möglichen Komplikationen wie anhaltenden Blasenentleerungsstörungen
  • Einspritzen von Substanzen unter die Schleimhaut der Harnröhre, um deren Innenraum zu verkleinern

Überaktive Blase (Dranginkontinenz):
  • Trink- und Blasenentleerungstraining
  • Beckenbodentraining
  • Medikamente (sogenannte Anticholinergika; örtlich aufgetragene Östrogene)
  • unterstützende Psychotherapie
  • Einspritzen von Botulinumtoxin (im Rahmen einer Blasenspiegelung) in den für die Blasenentleerung zuständigen Muskel, um diesen für einige Monate zu lähmen
  • sogenannte sakrale Neurostimulation ("Blasenschrittmacher")
  • selten blasenvergrößernde Operation

Reflexinkontinenz:
  • Therapieziel ist in erster Linie der Erhalt der Nierenfunktion und somit die Vermeidung eines Rückstaus und einer eventuellen Infektion; in der Regel wird (bei Rückenmarks- oder Hirnschädigungen) eine vier- bis sechsmal tägliche (Selbst)katheterisierung der Blase erfolgen
Überlaufinkontinenz:
  • Außerhalb der Harnröhre gelegene Ursachen werden ursächlich behandelt.

Selbsthilfe zu Inkontinenz -Daten und Fakten

Die Selbsthilfe ist im Wesentlichen durch Beckenbodentraining möglich. Dieses sollte beispielsweise nach einer Entbindung bereits vorbeugend konsequent durchgeführt werden und insgesamt regelmäßig und langfristig zur Anwendung kommen.

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