Lässigkeit in Schlabbershirts: WM der Freestyle-Skater

Geisingen (dpa) - Die Elite der weltbesten Freestyle-Skater lümmelt auf der Tribüne. In Jeans, Schlabbershirts und Turnschuhen laden sich die Sportler kalorienhaltigen Donauwellen-Kuchen auf die Teller. Nervös? «Ach was. Wir machen uns da keinen Stress», sagt Mitfavorit Martin Sloboda aus München. «Jeder kennt jeden. Wir sind alle wie eine große Familie.» Flugs streicht sich der 17-jährige Gymnasiast die Haare aus den Augen - der ehemalige Doppel-Weltmeister ist die deutsche Medaillenhoffnung bei der WM der Freestyle-Skater im baden-württembergischen Geisingen. 200 Sportler aus 32 Nationen kämpfen hier an diesem Wochenende in fünf Disziplinen um den Titel.

Martin Sloboda genießt das Heimspiel. Oft genug steigt er freitagmittags nach der Schule in den Flieger, um in London, Paris oder Shanghai an den Start zu gehen. Fernab der Skater-Hochburgen München, Köln und Berlin wurde 2010 zwischen Schwäbischer Alb, Schwarzwald und Bodensee Deutschlands erste überdachte Inlineskating-Arena hochgezogen. «Viele internationale Skater haben den Namen Geisingen noch nie gehört. Dabei sind die Bedingungen ideal», sagt Pierre Künnemann, einziger deutscher Schiedsrichter bei der fünften WM über die futuristische Halle.

In Deutschland ist Freestyle Skating ein Randsport - was nicht zuletzt dadurch deutlich wird, dass der Hallenmoderator den 1500 Zuschauern die Regeln erst noch detailliert erklären muss. Das Publikum ist begeistert, als ein chinesisches Paar seine Kür zu einem Song von Michael Jackson durch die Hütchen fährt.

Ähnlich wie im Eiskunstlaufen führen die Skater in der Kategorie «Pair Freestyle» synchron zur selbst gewählten Musik ihre Tricks vor. Sie drehen und tänzeln vorwärts und rückwärts auf einem Bein oder gar einer Rolle um die Hütchen, den sognannten Cones. «Es geht um Körperbeherrschung, Schnelligkeit und vor allem die Tricks, die ein Skater beherrscht», sagt der Kölner Referee Künnemann. Rhythmusgefühl sei wichtig. Ein bisschen ist Skaten wie Tanzen, nur eben auf Rollen.

Obwohl das Slalom-Skating in Frankreich groß geworden ist, kommen die meisten Spitzensportler inzwischen aus Asien, wo auch die Weltmeisterschaften bislang stattfanden. Vorteil: Vor allem die starken Chinesen haben dadurch viel bessere Trainingsbedingungen. «In Deutschland gilt Skaten immer noch als ein Straßensport», meint die Münchnerin Anya Ziertmann, Weltranglisten-Sechste und zweite deutscheMedaillenhoffnung, die im Freestyle Battle antritt.

Doch es ist nicht das Wochenende der Gastgeber: Die 21-jährige Maschinenbau-Studentin Ziertmann muss sich im direkten Duell der neunjährigen Chinesin Feng Hui geschlagen geben und scheidet schon in der Vorrunde aus. Die Neunjährige wird Vizeweltmeisterin - hinter einer Teamkollegin. Teamkollege Sloboda landet in Geisingen beim Speed Slalom, der schnellsten Disziplin, nur auf Platz 32. «Es gibt inzwischen mehr Leute, das Niveau ist höher und die Ergebnisse knapper», sagt er. Sieger wird trotz asiatischer Übermacht ein Franzose, gefolgt von zwei Italienern.

Der Münchner Sloboda trainiert zwei- bis dreimal pro Woche. Mehr ist nicht drin für einen, der auch noch die Schulbank drückt. In Asien dagegen können Kinder in der Schule Freestyle Slalom als Fach belegen. Bis zu sieben Stunden Training seien da drin. «Das kann ich mir als Gymnasiast gar nicht leisten.» Die Quittung: Seit 2009 ist er in der Weltrangliste von Platz eins auf Rang vier abgerutscht.

Einen Nationaltrainer hat die deutsche Mannschaft nicht. «Wir helfen uns gegenseitig», sagt Sloboda. Im Internet gehen die Tricks via Youtube um die Welt. Für den Papierkram haben die Skater einen Team-Manager gewählt. Zwar hofft Sloboda, dass sein Sport von der WM in Deutschland profitiert - auf Funktionäre aber, die alles durchorganisieren, verzichtet er gerne. «Wir wollen, dass es ein Underground-Sport bleibt. Alles andere wäre nicht Freestyle!»

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