Akustikusneurinom (Kleinhirnbrückenwinkeltumor)

Wissen zu Akustikusneurinom

Das Akustikusneurinom ist ein gutartiger, langsam wachsender Tumor, der von den Schwannzellen des achten Hirnnervs ausgeht, deshalb wird er auch Schwannom genannt. Die Schwannzellen umgeben einen Nerv, um ihn zu ernähren und zu isolieren, wie eine Isolierschicht bei einem Kabel.

Der achte Hirnnerv (Nervus vestibulocochlearis) hat folgende Aufgaben:
  • Weiterleitung von akustischen Informationen aus der Ohrschnecke des Innenohres an das Gehirn
  • Übermittlung von Informationen über das Gleichgewicht aus dem Gleichgewichtsorgan (Labyrinth) des Innenohres an den Hirnstamm

Daraus ergeben sich auch die Beschwerden, die bei einem Akustikusneurinom auftreten:
Der Tumor wächst meistens im inneren Gehörgang und breitet sich typischerweise in den Kleinhirnbrückenwinkel aus – deshalb wird der Tumor auch Kleinhirnbrückenwinkeltumor genannt. Dies ist eine kleine Nische im hinteren Bereich der Schädelbasis in der Nähe des Felsenbeins, neben dem verlängerten Rückenmark zwischen Kleinhirn und Hirnstamm. Der Tumor kann auch direkt von dieser Nische ausgehen.
In über 95 Prozent der Fälle kommt der Tumor einseitig vor. Nur bei der seltenen Neurofibromatose Typ 2 (Recklinghausen-Krankheit) tritt das Akustikusneurinom typischerweise beidseitig auf. Hat der Tumor eine bestimmte Größe erreicht, kann er auch andere Hirnnerven abdrücken – wie zum Beispiel den siebten Hirnnerv (Nervus facialis), der für die Gesichtsmuskulatur und auch für Geschmack und die Sekretion von Tränenflüssigkeit zuständig ist. Typischweise wird der Tumor im Alter von 30 bis 50 Jahren festgestellt.

Diagnose zu Akustikusneurinom

Ein Akustikusneurinom wird oftmals durch Zufall entdeckt, da es so langsam wächst, dass Symptome erst sehr spät auftreten können. In jedem Fall steht die Untersuchung durch einen HNO-Arzt und einen Neurologen an erster Stelle.

Frühe Symptome

  • einseitige, meist sehr langsam fortschreitende Hörminderung im Sinne einer Schallleitungsstörung
  • Tinnitus (selten)
  • eventuell geringer Drehschwindel mit Nystagmus (Augenzittern).

Späte Symptome (bei großem Tumor)

  • kompletter Ausfall des achten Hirnnervs mit Ertaubung und schwerem Schwindel
  • Ausfälle von anderen Hirnnerven
  • Kopfschmerzen, Benommenheit, Übelkeit und Erbrechen durch erhöhten Hirndruck
Zur Abklärung der frühen Symptome wird ein Hörtest durchgeführt und eine sogenannte Hirnstammaudiometrie, bei der die elektrische Antwort des Hörnervs und des Gehirns auf ein Klickgeräusch gemessen wird.
Zudem wird ein thermischer Gleichgewichtstest (kalorische Gleichgewichtsprüfung) durchgeführt. Dabei werden beide Ohren abwechselnd mit warmem und kaltem Wasser gespült. Die naturgemäße Reaktion auf den Reiz ist ein Nystagmus (Augenzittern). Bei einem Akustikusneurinom lässt sich häufig eine Untererregbarkeit des Labyrinths (Gleichgewichtsorgan) auf der betroffenen Seite feststellen.
Kleine Tumore, die sich (noch) auf den Gehörgang beschränken, können am besten im Kontrastmittel-MRT (Magnet-Resonanz-Tomografie) dargestellt werden. Generell ist ein bildgebendes Verfahren wichtig, um das genaue Ausmaß des Tumors und seine Position beurteilen zu können.

Behandlung zu Akustikusneurinom

Die Therapiemöglichkeiten bestehen in einer Operation oder einer Bestrahlung. Bei kleinen Neurinomen (Durchmesser unter einem Zentimeter) wird mit der Therapie in der Regel gewartet.
Das Wachstum wird mittels MRT (Magnet-Resonanz-Tomografie) beobachtet, zunächst nach sechs Monaten und, falls das Akustikusneurinom bis dahin nicht gewachsen ist, wieder nach einem Jahr. Sofern kein eindeutiges Wachstum feststellbar ist und auch keine typischen Symptome neu auftreten, besteht keine Notwendigkeit für eine Operation oder Bestrahlung. Bei einem Tumor mit einem Durchmesser von mehr als drei Zentimetern ist über eine Operation auf jeden Fall nachzudenken.
Mit einer OP wird versucht, den Tumor vollständig zu entfernen. Ist er jedoch sehr groß, kann es durch Verletzung von umgebenden Strukturen zur Hörminderung oder gar zum Hörverlust auf der betroffenen Seite kommen. Auch Schädigungen des Gleichgewichtsnervs oder des Gesichtsnervs sind denkbar. Kleinere Tumore können auch mittels einer speziellen Bestrahlungstechnik (Gamma-Knife oder Cyber-Knife) behandelt werden. Diese Methode ist nicht so kompliziert wie der operative Eingriff und das Tumorgewebe kann so sehr gezielt zerstört werden. Eine strahlentherapeutische Nachbehandlung kann auch bei Tumorteilentfernung (partieller Resektion) sinnvoll sein.

Prognose

Die Prognose für ein Akustikusneurinom ist in der Regel gut – gerade bei rechtzeitiger Diagnose, guter Wachstumsbeobachtung und frühzeitiger Therapie. Meistens kann der Tumor restlos entfernt werden. Es ist aber wichtig, immer wieder MRT-Kontrolluntersuchungen durchzuführen, um ein erneutes Wachsen des Tumors schnell zu entdecken. Bei kleinen Neurinomen ist die Prognose besonders gut, sofern eine strahlentherapeutische Behandlung durchgeführt wurde. Dadurch können in der Regel Hör- und Gesichtsnervschäden vermieden werden.

Selbsthilfe zu Akustikusneurinom

Tipps für Schwerhörige

  • Verheimlichen Sie Ihre Schwerhörigkeit nicht – das führt schnell zu unnötigen Missverständnissen.
  • Bitten Sie Ihre Gesprächspartner, nicht lauter, sondern deutlicher zu sprechen.
  • Bitten Sie sie, sich Ihnen beim Sprechen zuzuwenden, damit Sie von den Lippen ablesen können.
  • Täuschen Sie nicht vor, etwas verstanden zu haben, sondern bitten Sie um die Wiederholung des Gesagten.
  • Haben Sie den Mut, Verständnis einzufordern.
  • In Gesellschaft setzen Sie sich am besten neben jemanden, der deutlich spricht. Er wird vielleicht bereit sein, das Gespräch für Sie zusammenzufassen.
  • Schämen Sie sich nicht für Ihr Handicap und ziehen Sie sich weder privat noch beruflich zurück. Sie haben bekannte Schicksalsgenossen: Rudi Carrell war beispielsweise extrem schwerhörig und trotzdem erfolgreich. Auch Troja-Entdecker Heinrich Schliemann hat schlecht gehört.

Tipps für Normal-Hörende

Normal-Hörenden ist selten klar, wie anstrengend ein Gespräch für einen Menschen ist, der schlecht hört. Die Situation ist vergleichbar mit einem Kinobesuch, bei dem ein Film in einer Sprache läuft, die Sie nur ungenügend beherrschen. Um trotz nicht oder falsch verstandener Worte den Zusammenhang zu begreifen, muss ein Mensch mit Hörhandicap die Sätze äußerst konzentriert verfolgen und dabei seine ganze Kombinations- und Denkfähigkeit aufwenden.

Wenn Sie die folgenden Ratschläge beherzigen, wird das Gespräch Ihnen und Ihrem schwerhörigen Gesprächspartner leichter fallen:
  • Haben Sie Geduld.
  • Sprechen Sie deutlich und ruhig.
  • Brüllen Sie Ihrem Gegenüber nicht Ihre Botschaft entgegen, denn nicht immer hat Schwerhörigkeit etwas mit "zu leise hören" zu tun. Im Gegenteil: Für Menschen, die an einer Schallempfindungsschwerhörigkeit leiden, sind oft schon Lautstärken ab 80 Dezibel schmerzhaft – bei Normal-Hörenden liegt die Schmerzgrenze erst bei etwa 120 Dezibel.
  • Wenden Sie Ihrem Gesprächspartner stets das Gesicht zu. Ein Schwerhöriger muss mit den Augen hören: Das Ablesen vom Mund ist für ihn unerlässlich.
  • Ein Kaugummi oder Bonbon im Mund hindert Sie am deutlichen Sprechen.

Daten/Fakten zu Akustikusneurinom

In 95 Prozent aller Fälle treten die Akustikusneurinome einseitig auf. Liegt jedoch eine Neurofibromatose Typ 2 vor (Erbkrankheit, bei der Nerventumore entstehen), tritt sie typischerweise beidseits auf.

Links zu Akustikusneurinom

Vereinigung Akustikus Neurinom e. V.
Gemeinnützige Patienten-Selbsthilfeorganisation, gegründet 1987, registriert am Amtsgericht Hannover unter Vereinsregister-Nr. 5557
http://www.akustikus.de

Quellenangabe für Zitate

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