Risiko Krebs - Union will Vorsorge-Muffel an den Geldbeutel

Wer nicht zur Krebsvorsorge geht, soll das nach einer Forderung aus der CDU verstärkt im Geldbeutel spüren. FDP-Gesundheitsminister Bahr setzt auf flächendeckende Einladungen. Die Grünen wittern ein Ablenkungsmanöver auf Kosten besorgter Versicherter.

Millionen Bundesbürger sollen das Risiko von Krebs-Erkrankungen nach dem Willen von Union und FDP künftig verstärkt durch Vorsorge-Untersuchungen verringern. Ähnlich wie beim Karies-Check sollen Kranke laut CDU am Ende weniger Geld im Portemonnaie haben, wenn sie sich in den Jahren zuvor als Vorsorgemuffel erwiesen haben. FDP-Minister Daniel Bahr setzt dagegen auf mehr Briefe für die Vorsorge - Einladungsschreiben etwa der Kassen. Sind Union und FDP mit solchen Vorstößen kurz nach ihrem Beinahe-Zerwürfnis während der Suche nach einem Bundespräsidenten wieder bei sinnvoller Sacharbeit angelangt?

«Mein Ziel ist, dass jeder rechtzeitig zu der für ihn sinnvollen kostenlosen Früherkennung eingeladen wird», ließ Bahr via «Bild»-Zeitung wissen. Die Frauen würden schon ab 50 alle zwei Jahre zur Brustkrebsfrüherkennung eingeladen. «Auch die Männer sollen Post bekommen, zum Beispiel von den Kassen, und zur Darmkrebsfrüherkennung gehen.» Zudem solle die Qualität der Krebsbehandlungen verbessert werden, indem sie besser dokumentiert und verglichen werden. «Ein klinisches Krebs-Register stellt Transparenz in der Versorgung her und schafft Vergleichbarkeit», sagt Bahr. «Ich will noch dieses Jahr eine gesetzliche Grundlage für eine einheitliche Umsetzung schaffen.»

Der CDU-Gesundheitspolitiker Jens Spahn setzt noch eins drauf: Das Register werde auf den Weg gebracht. «Parallel muss es gelingen, dass es läuft wie bei der Zahnvorsorge.» Dort gibt es ein Bonusheft. Wer regelmäßig zur Zahnprophylaxe geht und sich dafür einen Stempel geben lässt, bekommt von den gesetzlichen Kassen später für Kronen oder Brücken höhere Zuschüsse.

Aber bei Krebs? Zum Beispiel eine Chemotherapie zahlen ja ohnehin die Kassen komplett. Eigenanteile zu Lasten der Patienten will auch Spahn nicht einführen. Doch verweist er auf eine wenig bekannte gesetzliche Regelung. Chroniker müssen demnach Zuzahlungen etwa für Arzneimittel nur bis zu einem Prozent ihrer Bruttoeinnahmen zahlen. Diese Grenze kann aber auf zwei Prozent steigen. Und zwar, wenn man an einer Krebs-Art wie zum Beispiel Darmkrebs erkrankt ist, für die eine Früherkennungsuntersuchung besteht - die man aber nicht regelmäßig in Anspruch genommen hat. «Die Kassen müssen das umsetzen», fordert Spahn forsch.

Harsche Kritik kommt von den Grünen. Niemand dürfe bestraft werden, wenn er nicht zur Vorsorge gehe, sagt Gesundheitsexpertin Birgitt Bender. Und überhaupt: «Es macht keinen Sinn, mit dem Schleppnetz lauter Gesunde in die Arztpraxen zu holen.» BeispielDarmkrebs: Bei familiärer Vorbelastung mache Vorsorge ab 55 Sinn. Ansonsten hänge es von Dingen wie Ernährungs- oder Trinkgewohnheiten ab, ob man wahrscheinlicher einen Tumor bekommt oder nicht.

Nun weist auch der Nationale Krebsplan auf Risiken von Früherkennungsuntersuchungen hin: falsche Diagnose oder unnötige Abklärungsdiagnostik. Andererseits können auch schwere Erkrankungen und Todesfälle durch mehr Vorsorge in großem Stil vermieden werden. «Darmkrebs ist mit jährlich circa 70 000 Neuerkrankungen und circa 27 000 Todesfällen bei Männern und Frauen zusammen die häufigste Krebserkrankung», sagt der Präsident der Deutschen Krebsgesellschaft, Werner Hohenberger, der «Bild». «Gerade dieser Krebs ist früh erkannt aber heilbar und durch die Behandlung von Vorstufen sogar vermeidbar.»

Wie Vorsorge verbessert werden kann, ohne über das Ziel hinauszuschießen und die Ängste der Menschen zu erhöhen, wird auch ab diesem Mittwoch in Berlin beraten, wenn tausende Experten zum Deutschen Krebskongress zusammenkommen. Die Grünen-Expertin Bender wirft den führenden Gesundheitspolitikerin von CDU und FDP aber noch etwas anderes vor: «Das sieht nach einem Rundum-Schlag aus, um mit anderen Themen wahrgenommen zu werden als mit koalitionärem Dauerstreit.»

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