Ärzte fordern Gesetz gegen bezahlte Pharma-Studien

Berlin (dpa) - Viele Ärzte erhalten von Pharmafirmen Geld für kleine Studien zu neuen Medikamenten - nun will die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) strengere Regeln vom Gesetzgeber.  «Es kann nicht sein, dass ein Arzt für das Ausfüllen eines Anwendungsbogens 1000 Euro bekommt», sagte der KBV-Vorstand Carl-Heinz Müller. «Wir wollen, dass die Ärzte von der Pharmaindustrie abgenabelt werden.»

Ärzte hatten zuletzt mehr als 80 000 Mal im Jahr an einer von über 300 Studien teilgenommen. Laut KBV ist die Zahl seit der bisher letzten Erhebung nicht zurückgegangen. Die Mediziner beobachten die Wirkung neuer Mittel an ihren Patienten, oft ohne deren Wissen. Die Pharmahersteller bezahlen dem Arzt pro Patient 10 bis 1000 Euro. Kritiker bemängeln, die Studien hätten wenig Wert und dienten vor allem dazu, die Verbreitung des Mittels mit Hilfe der Ärzte zu erhöhen. Die Branche hat sich eigene Regeln per Selbstverpflichtung gegeben.

Müller sagte, diese Anwendungsbeobachtungen seien zwar nötig. «Aber der Gesetzgeber muss sie schärfer regeln.» Entschädigungen müssten im Verhältnis zum Aufwand stehen, nicht zum Verkaufspreis. «Teilnehmende Ärzte müssen transparent gemeldet werden.» Patienten sollten ihr Einverständnis geben müssen. Für die Pharmaindustrie forderte Müller eine Pflicht zur Veröffentlichung der Ergebnisse. «Bislang verschwinden sie bisweilen in der Schublade, wenn sie negativ ausfallen.»

Müller verteidigte zudem das KBV-Konzept für eine Reform der Arzneiverordnungen beim Arzt. Die Koalition will es mit ihrem Ärzte-Gesetz umsetzen. Zunächst im Modellversuch sollen Ärzte Wirkstoffe aus einem Katalog verordnen, erst die Apotheker wählen ein bestimmtes Mittel aus. Arzt und Apotheker sollen gemeinsam auf eine vernünftige Medikation von Chronikern achten.

Die Pharmaindustrie hatte vor «Kochbuchmedizin» gewarnt, die Krankenkassen vor neuen Geldquellen von Ärzten und Apothekern. Müller versprach bei konsequenter Umsetzung eine «Verbesserung der Arzneimittelversorgung».

Er kritisierte, dass die Koalition an Regressen bei übermäßigen Verordnungen festhalten will. «2000 bis 3000 Ärzte im Jahr kommen in eine Richtgrößenprüfung, werden also darauf überprüft, ob sie mehr Arzneimittel verordnen, als ihnen von oben herab erlaubt ist.» Dies belaste die Ärzte - sei aber wegen der insgesamt wirksamen Arzneimittel-Gesetze gar nicht mehr nötig.

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