Streit um Biotüten: Umweltschutz oder Umweltbelastung?

Plastiktüten, die sich auf dem Kompost selbst zersetzen: Klingt gut, funktioniert aber nicht, sagt die Deutsche Umwelthilfe und wirft Aldi und Rewe gezielte Verbrauchertäuschung vor. Die Konzerne wehren sich. 

«Zeig der Umwelt ein Lächeln!» steht groß auf der grün-braunen Plastiktüte. Das Bild daneben zeigt einen roten Marienkäfer mit schwarzen Punkten, der über einen grünen Zweig krabbelt. «Zynisch» sei das, sagt Jürgen Resch, Geschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe. Monatelang hat seine Organisation sogenannte Biotüten untersucht, die sich nach Herstellerangaben innerhalb von zwölf Wochen zersetzen und damit selbst entsorgen sollen. Kompostanlagen, Hersteller und Lebensmittelhändler hat die Deutsche Umwelthilfe befragt - und kommt zu dem Schluss: Die Tüten sind eine Mogelpackung. Sie sind nicht besser für die Umwelt. «Diese Tüten sind sogar noch schlimmer als normale Einwegtüten», so Resch.

In Deutschland gibt es die Biotüten bislang hauptsächlich bei Rewe und Aldi. Die vor rund vier Jahren eingeführten Tragetaschen kosten zwischen 30 und 50 Cent und sind damit deutlich teurer als Einwegplastiktüten. Ein Aufpreis für das grüne Gewissen, denn die Biotüten sollen zu ««100% kompostierbar» sein - so steht es zumindest drauf. Bananenschalen, verfaulte Äpfel oder Asche aus dem Kamin könnten demzufolge einfach in die Biotüte entsorgt und auf den Kompost oder in die braune Mülltonne geschmissen werden.

Dies gehe aber eben nicht, sagt Umwelthilfe-Geschäftsführer Resch. Seine Organisation wirft Rewe und Aldi gezielte Verbrauchertäuschung vor und prüft rechtliche Schritte gegen die Unternehmen. Mit gängigen Verfahren seien die Biotüten nicht kleinzukriegen. Mindestens zwölf Wochen und eine konstant hohe Temperatur und Luftfeuchtigkeit bräuchten sie, um sich zu zersetzen.

Dies sei auf dem heimischen Kompost aber nicht möglich und auch in großen Anlagen brüte der Kompost heute aufgrund wirtschaftlicher Zwänge meist nur noch sechs Wochen lang vor sich hin. Das Ergebnis: Die Tüten zersetzen sich nicht ganz, sondern liegen halb verrottet im Kompost und mindern dessen Qualität.

Außerdem bestünden die Biotüten immer noch zu 70 Prozent aus erdölbasiertem Kunststoff und nur zu 30 Prozent aus Kunststoff auf der Basis von Maisstärke - und der sei auch noch mit Hilfe von gentechnisch verändertem Mais hergestellt, kritisiert Resch.

«Deftige Vorwürfe» seien das, sagt Kristy-Barbara Lange vom Branchenverband European Bioplastics. Dabei sei die Biotüte doch ein Produkt, das noch entwickelt werde. «Das ist ein Prozess, den man nicht abbrechen darf.» Zudem stimmten alle Behauptungen, die auf der Tüte aufgestellt würden. Vom heimischen Kompost sei nie die Rede gewesen. Aber in der industriellen Kompostierung sei einevollständige Zersetzung möglich.

«Knackpunkt sind die Rottezeiten und daran wird gearbeitet. Wir sind im Gespräch mit der Verwertungsindustrie», so Lange. Auch Rewe wies die Vorwürfe zurück. Die Tragetasche sei ein erster Schritt, weniger fossile Ressourcen wie Mineralöl einzusetzen. Aldi äußerte sich zunächst nicht.

In den Biomüll gehöre die Tüte auf keinen Fall, betont Resch. Wenn sie schon gekauft würden, gehörten sie später in den Restmüll. «Am besten ist aber natürlich immer noch zum Einkaufen eine Baumwolltasche oder eine langlebige Kunststofftasche von zu Hause mitzunehmen.»

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