Weniger Kinder betrinken sich bis zur Besinnungslosigkeit

Wiesbaden (dpa) - Koma-Saufen nimmt unter Jugendlichen weiter zu - bei Kindern aber geht der Alkoholmissbrauch zurück. Das belegen die neuesten Zahlen des Statistischen Bundesamtes. 26 000 Kinder und Jugendliche sind 2010 wegen einer akuten Alkoholvergiftung im Krankenhaus behandelt worden, 2009 waren es 26 400, wie die Statistiker am Dienstag in Wiesbaden berichteten. Experten beurteilen die Zahlen unterschiedlich.

Nach Altersgruppen aufgeschlüsselt zeigt sich: 2010 wurden weniger Kinder zwischen ihrem 10. und 15. Geburtstag aufgrund akuten Alkoholmissbrauchs stationär behandelt: Die Fallzahl je 100 000 Einwohner ging um 5,5 Prozent auf 102,8 zurück. Anders bei Jugendlichen zwischen 15 und 20 Jahren: Hier zeigt die Statistik eine Zunahme um 2,9 Prozent auf 513,3 Fälle je 100 000 Einwohner. Bei den Kindern sind Mädchen überdurchschnittlich häufig betroffen, bei den Älteren dominieren die Männer.

Der Rückgang bei den Jüngsten sei «eine gute Nachricht», sagte die Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Mechthild Dyckmans. Die Gesamtzahl sei jedoch «immer noch viel zu hoch». «Der Trend zum Rauschtrinken bei einem Teil der jungen Menschen besteht weiterhin und muss durch stärkere Präventionsanstrengungen, eine größere Beachtung des Themas in der Öffentlichkeit und die konsequente Einhaltung des Jugendschutzes umgekehrt werden.»

Dass die Zahlen leicht rückläufig sind, «macht uns Mut und bestärkt uns in unserer Präventionsarbeit», sagte Elisabeth Pott, Direktorin der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung. «Vor allen Dingen der Rückgang bei den 10- bis 15-Jährigen zeigt, dass Prävention wirkt.» Mit der Kampagne «Kenn dein Limit» will die Zentrale riskantes Trinkverhalten bei Jugendlichen, das sogenannte Komasaufen, reduzieren und insgesamt einen kritischen Umgang mit Alkohol fördern. «Die gesundheitlichen Folgen dieses riskanten Trinkverhaltens - wie Schädigungen der Hirnfunktion, im schlimmsten Fall sogar Atemstillstand - werden dabei massiv unterschätzt.»

Dass die Klinikaufenthalte mehr werden, müsse nicht unbedingt heißen, dass sich immer mehr Jugendliche sich besinnungslos trinken, sagt Heidi Kuttler, Bundeskoordinatorin des Präventionsprojekts HaLT («Hart am Limit») in Lörrach. «Ein Teil dieses Anstiegs geht darauf zurück, dass das bisherige Dunkelfeld erhellt wurde: «Vor 10, 20 Jahren hat niemand den Arzt gerufen, egal wie betrunken jemand war. Heute ist das Umfeld sensibler geworden - und rettet damit Leben.»

Der leichte Rückgang sei «keine gute Nachricht», findet RaphaelGaßmann, Geschäftsführer der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen in Hamm. «Seit Jahren sind wir bei Alkoholvergiftungen auf einem völlig indiskutablen Niveau.» Die Jugendlichen sind aus seiner Sicht mehr Opfer denn Täter: «Für alles, was bei Kindern und Jugendlichen mit Alkohol zu tun hat, sind ausschließlich Erwachsene verantwortlich.»

Er fordert eine Einschränkung von Alkoholwerbung, höhere Preise für Spirituosen und strengere Kontrollen beim Verkauf an Minderjährige.

Auch Erwachsene bringt übermäßiger Alkoholkonsum häufig ins Krankenhaus: «Psychische und Verhaltensstörungen durch Alkohol» war die zweithäufigste Ursache für einen Klinikaufenthalt, darunter fällt auch der akute Alkoholmissbrauch. Die Krankenhausdiagnosestatistik weist für das vergangene Jahr 333 357 solcher Fälle aus. Insgesamt wurden 2010 knapp 18,5 Millionen Patienten vollstationär im Krankenhaus behandelt. Häufigste Ursache war eine Herzinsuffizienz, auf Platz drei liegt die Herzerkrankung Angina pectoris.

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