Oma tanzt mit ihrem Rollator

Stuhr (dpa) - Zielsicher steuert Inge Düfelmeier auf ihre Tanzpartnerin zu. Kurz bevor sie mit ihr zusammenstößt, dreht sie sich mit ihrem Rollator flink herum und schiebt ihn auf ihren Platz zurück. «Das ist ein enger Wendekreis, hat aber geklappt», sagt die 81-Jährige zufrieden. Eine heiße Sohle legen sie und ihre betagten Mittänzerinnen zwar nicht mehr aufs Parkett. Polka, Walzer und ein irischer Volkstanz funktionieren aber schon ganz gut - dank Rollator.

Seit zwei Wochen gehen die sechs Damen in Stuhr, einer kleinen Gemeinde am Rande Bremens, zum Unterricht im Rollatortanz. Eigentlich ist Düfelmeier noch ganz gut zu Fuß. Doch beim Tanzen macht sich ihr Alter bemerkbar. «Ich kann das schnelle Drehen nicht mehr, da wird mir schwindelig.» Für den Kurs holt sie deshalb einmal die Woche die rollende Gehhilfe aus dem Keller, die sie vor zwei Jahren von ihrer Schwester geerbt hat.

Aus den Lautsprechern klingen die Takte eines langsamen Walzers. «Ihr müsst jetzt die Bremsen lösen», sagt Tanzlehrerin Katja Schauland. Los geht es im Sitzen mit Aufwärmen und Dehnen. Dann stellen die Frauen die Stühle zur Seite und beginnen sich im Kreis zu bewegen. Ida Bode strahlt. «Ich habe früher so gerne mit meinem Mann getanzt.» Doch der ist schon seit vielen Jahren tot, und die Hüfte der 84-Jährigen spielt auch nicht mehr so mit. Normalerweise geht sie kaum aus dem Haus. Nur fürs Tanzen macht sie eine Ausnahme.

«Das Ziel des Kurses ist natürlich, dass sich die Teilnehmer wieder bewegen», sagt Schauland. «Es geht aber auch darum, dass sie sich raustrauen und den Rollator als Hilfe akzeptieren.» Tanzkurse mit Rollator gibt es in Deutschland bisher nur vereinzelt und dann vor allem in Altenheimen und Begegnungsstätten. Doch auch die Tanzschulen haben die aus den Niederlanden stammende Idee inzwischen für sich entdeckt.

«Die Leute werden immer älter und bleiben länger gesünder», erläutert Christian Götsch vom Deutschen Tanzlehrerverband (ADTV). Wegen des demografischen Wandels müssen sich die Tanzschulen zunehmend auf die aktiven Alten einstellen. Im August hat der ADTV erstmals eine dreitägige Weiterbildung zum Rollatortanz angeboten. Dabei lernen die Profis Klassiker wie Foxtrott, Tango und Samba nochmal ganz neu. Denn mit Rollator sind viele Schritte anders. «Er kann sich vorwärts und rückwärts bewegen, aber nur ganz schwer seitwärts», verdeutlicht der Leiter der Tanzlehrer-Akademie, Jürgen Ball.Fast 17 Millionen Deutsche sind nach Angaben des Statistischen Bundesamtes älter als 65 Jahre und damit mehr als ein Fünftel der Bevölkerung (Stand 2009). Das bekommen auch die Sportvereine zu spüren. Der Landessportbund in Niedersachsen zählt inzwischen mehr als 480 000 Mitglieder über 60 Jahre, im Jahr 2000 waren es noch rund 350 000. Mit Walking, Gehirnjogging oder Gleichgewichtstraining sprechen die Vereine diese gezielt an. Aber auch Sportarten wie Tischtennis oder Badminton würden so angepasst, dass Ältere noch mithalten könnten, sagt Pressesprecherin Katharina Kümpel.

Selbst im Fitnessstudio - wo man eher mit muskelbepackten jungen Männern und lauten Hüpfkursen voll durchtrainierter Mädels rechnet - tummeln sich die sogenannten Best Ager. Auch das Vorurteil von der wehrlosen Oma ist überholt. «Unsere älteste Anfängerin ist 81», sagt Wolfgang Weigert, Vizepräsident vom Deutschen Karateverband. Fast alle der 2300 im Verband organisierten Vereine bieten «sanftes Karate» für Senioren an. «Das Ganze wird locker angegangen», erläutert Weigert. Wettkämpfe und Gurtprüfungen sind nebensächlich. Und die Tritte müssen nicht über Kniehöhe hinausgehen.

Nach einer Studie der Uni Regensburg hält Karate die ergrauten Sportler nicht nur fit, sondern stärkt auch die Konzentration und macht glücklich. Sogar im Alltag schützt die Kampfkunst - nämlich vor Stürzen. Denn sie schult das Gleichgewicht.

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