Schwindelgefühle abklären lassen

Schwindelgefühle sind unangenehm: Alles kreist, man kann sich kaum senkrecht halten. Das kann gefährliche Folgen haben, Stürze zum Beispiel. Betroffene sollten die Beschwerden spätestens dann abklären lassen, wenn sich die Attacken häufen.

Plötzlich schwankt der Boden unter den Füßen, alles dreht sich. Der Betroffene kann sich kaum auf den Beinen halten. Schwindelattacken gehören Fachleuten zufolge zu den häufigsten Beschwerden, mit denen Patienten zum Arzt kommen. Gerade im Alter kann ein höheres Risiko für Stürze die Folge sein, und die Ursachen sollten geklärt werden. Tritt der Schwindel zusammen mit deutlichen Sprach-, Schluck- oder Sehstörungen auf oder Lähmungen, dann sind dies Alarmzeichen für einen Schlaganfall.

«Eigentlich klappt das mit dem Gleichgewichtssinn alles automatisch, wir müssen nicht groß darauf achten beim Gehen oder Stehen», sagt Prof. Klaus Jahn, Sprecher des Deutschen Zentrums für Schwindel und Gleichgewichtsstörungen in München. Doch was tun, wenn sich lästige Schwindelgefühle einstellen? «Sie sollten Ihrem Hausarzt ausführlich über Dauer, Art und Weise des Schwindelgefühls berichten und auch in welchen Situationen dieser auftritt», rät Jahn. «Denn dann ergibt sich in der Mehrheit der Fälle ein Anhaltspunkt, welche Ursache dahinter stecken könnte, teils handelt es sich um Nebenwirkungen von Medikamenten.» Gegebenenfalls müssen die Patienten dann zum Hals-Nasen-Ohren-Arzt, Neurologen oder anderen Spezialisten.

Viele Organe und Strukturen im Körper sind beteiligt, damit Menschen Rad fahren oder balancieren können. «Wir brauchen dafür die Augen und die Innenohren mit den Gleichgewichtsorganen. Auch die Verarbeitung von Nervenreizen im Gehirn und Rückenmark muss klappen», erklärt Prof. Heinz Harald Abholz, emeritierter Direktor des Instituts für Allgemeinmedizin am Universitätsklinikum Düsseldorf. «Da mag es schon ausreichen, wenn nur eines deutlich oder mehrere dieser Systeme leichte Probleme machen, um Schwindel auszulösen. Vor allem im Alter nützt sich ja doch vieles ab.» Für die Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin arbeitet Abholz mit Kollegen an neuen medizinischen Leitlinien zum Thema Schwindel.

Eine hilfreiche Einteilung sei: Sekundenschwindel, Drehschwindel oder eine Gangunsicherheit mit benommenem oder mit klarem Kopf. «Diese Einteilung kann den Hausärzten als Orientierung für ihr Gespräch mit dem Patienten dienen, um dem Schwindel auf die Spur zu kommen», sagt Abholz. Tritt er zum Beispiel nur für Sekunden und nach dem Aufstehen vom Stuhl oder Sofa auf, könnte das mit dem Herz-Kreislauf-System zu tun haben. Ähnlich sei es, wenn man davor Herzjagen oder Herzstolpern spüre.Ganz charakteristisch sind die Symptome bei der häufigsten Ursache für Schwindel: dem gutartigen, anfallsartigen Lagerungsschwindel. «Die Patienten wachen morgens früh auf, drehen sich im Bett um, und ganz plötzlich befällt sie ein heftigster Schwindel mit Übelkeit, der sich nach 30 Sekunden wieder legt», sagt Jahn. Dann steckten vermutlich kleine Kristalle dahinter, die sich in die Bogengänge des Innenohrs verirrt haben und die Sinneszellen dort reizen.

«Mit einem sogenannten Befreiungsmanöver können Ärzte helfen», sagt Jahn. Dabei werden die Patienten in einem bestimmten Winkel gelagert und gedreht und die Beweglichkeit der Kristalle im Ohr ausgenutzt. «Man muss die Patienten gut vorbereiten, die meisten fühlen sich in den ersten Minuten schlecht, aber dann sind die Beschwerden oft weg, weil das Steinchen die Bogengänge wieder verlassen hat», berichtet Abholz.

Ob es sich um einen Lagerungsschwindel handelt, können Ärzte auch an den Augenbewegungen der Patienten überprüfen: Es entsteht eine Art schnelles Zittern. Dazu tragen die Patienten eine sogenannte Frenzelbrille. Sie hilft vor allem HNO-Spezialisten bei der Diagnose von Gleichgewichtsstörungen. HNO-Ärzte werden zum Beispiel zurate gezogen, wenn Patienten über heftigen Drehschwindel mit Übelkeit und Erbrechen klagen.

«Wir denken dann zum Beispiel an den Morbus Menière, das ist eine Erkrankung des Innenohrs durch zu viel Flüssigkeit und Überdruck, dabei haben die Patienten in der Regel auch Ohrgeräusche und hören schlechter», sagt Frank Waldfahrer, Schwindelexperte an der Hals-Nasen-Ohren-Klinik am Universitätsklinikum Erlangen. Die Beschwerden hielten etwa 20 Minuten bis 24 Stunden an und überfielen die Patienten anfallsartig. Eine Ursache sei noch nicht bekannt. Mit Medikamenten könnten die Patienten ähnlich wie bei einer Epilepsie den Anfällen vorbeugen.

«Tritt Schwindel mit massiver Übelkeit ganz plötzlich ohne andere Beschwerden auf, kann es sein, dass das Gleichgewichtsorgan ausgefallen ist, als Ursache werden Virusinfektionen oder Durchblutungsstörungen diskutiert», sagt Waldfahrer. Dieses Krankheitsbild sei ein Grund für die Einweisung in die Klinik, weil es den Patienten so schlecht gehe. Wenn HNO-Ärzte jedoch keine Ursache im Ohr fänden, würden spätestens dann Neurologen hinzu gezogen. Mit bildgebenden Verfahren werde nach Ursachen wie einem Schlaganfall - genauer gesagt Hirnstamminfarkt, Tumoren oder Entzündungen im Gehirn gesucht.

In etwa 15 bis 20 Prozent aller Schwindelfälle findet sich kein körperlicher Grund. Dann könnte es sich um einen phobischen Schwankschwindel mit psychischen Ursachen handeln. «Viele berichten von immer wiederkehrenden Schwindelattacken beispielsweise im Supermarkt, beim Autofahren oder in großen Menschenansammlungen. Sie erzählen von einem Gefühl der Benommenheit», sagt Jahn. Die Situationen, die zu Beschwerden führten, seien oft gleich. Diese Form des Schwindels trete häufiger auch bei jüngeren Menschen auf. «Wichtig ist dann, den Patienten die Angst vor diesen Situationen zu nehmen.» Daher setzen die Experten in München oft eine Verhaltenstherapie ein und in bestimmten Fällen auch Antidepressiva.

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