Schweigen statt Räuspern - Was bei Heiserkeit hilft

Neumünster (dpa/tmn) - Oft ist sie Begleiterscheinung einer einfachen Erkältung oder auch nur das Ergebnis allzu lauten Jubels über den Erfolg des Lieblingsvereins auf dem Fußballplatz. Heiserkeit ist in den meisten Fällen kein Grund zur Sorge. Auch zu langes, lautes Sprechen oder Singen kann vorübergehend heiser machen. Doch spätestens, wenn sich nach drei bis vier Wochen die Beschwerden nicht gebessert haben, ist ein Besuch beim Facharzt angesagt.

«Längere Heiserkeit kann zum Beispiel auf Veränderungen an den Stimmbändern hinweisen», sagt Dirk Heinrich, Präsident des Deutschen Berufsverbandes der Hals-Nasen-Ohrenärzte in Neumünster. «Die Veränderungen können, müssen aber nicht bösartig sein.» Präzise Untersuchungen können dem Arzt Aufschluss über die Ursache der Erkrankung geben. Unter anderem helfen Endoskope, den Beschwerden auf den Grund zu gehen, ohne den Patienten übermäßig zu belasten.

«Angst vor einem Würgereiz bei der Untersuchung muss heutzutage niemand mehr haben», beruhigt der Experte. Die Endoskope sind sehr klein, außerdem gibt es die Möglichkeit, durch die Nase zu untersuchen. Darüber hinaus kann der Bereich, wenn nötig, örtlich betäubt werden. «Man kann genau sehen, ob zum Beispiel eine falsche Sprechtechnik zur Fehlbelastung der Stimmbänder führt», erläutert Heinrich. Wichtig sei, die Ursache frühzeitig zu entdecken.

«Früh erkannt, können wir heute fast alle Kehlkopfkrankheiten heilen, selbst Kehlkopfkrebs», betonte der Schweizer Professor Joseph Sopko auf einer Fortbildungsveranstaltung für HNO-Ärzte in Mannheim. Heiserkeit sei keine Krankheit an sich, sondern nur ein Symptom, vergleichbar mit anderen Symptomen wie Schmerz, Juckreiz oder Schwindel. So könne der Stimmverlust Anzeichen für eine Entzündung des Kehlkopfes sein - oder auch für Kehlkopfkrebs, an dem jährlich in Deutschland etwa 3000 Menschen erkranken.

Sogar akuter oder chronischer psychischer Stress könne mitunter Heiserkeit auslösen, sagte Sopko. Angst und Aufregung, Depressionen und sogar Liebeskummer könnten Menschen regelrecht verstummen lassen. «Die Stimme ist auch ein Spiegelbild der Seele.»

In der täglichen Praxis überwiegt nach den Worten von Heinrich die Zahl der Patienten mit gutartigen Halserkrankungen. Dazu zählen auch viele Menschen, die berufsbedingt viel sprechen oder singen müssen - unter ihnen Schauspieler, Sänger und Radio- und Fernsehmoderatoren.

Jahrelange Erfahrungen in der Betreuung dieser Berufsgruppen hatder Sprechtrainer Alfred Rücker aus Hamburg. «Oft ist Unsicherheit die Ursache für Verkrampfung oder Verspannung beim Sprechen», sagt Rücker, selbst Sprecher von Nachrichten, Dokumentationen und Tagesschau-Beiträgen aus dem «Off». «Man wird heiser, wenn man etwas vorträgt, was man nicht begreift. Vorbereitung ist deshalb alles.» Sonst entstehe eine körperliche Verspannung im Kehlkopf.

Neben dem Textverständnis können nach Rückers Worten aber auch Atmungs- und Artikulationsübungen zur Entspannung und einer klaren Stimme beitragen und damit der Heiserkeit entgegenwirken. Dazu empfiehlt der Sprechtrainer, bei geschlossenem Mund ein Nasenloch zuzuhalten und durch das andere langsam Luft einzuziehen. «Dabei merkt man erst, wie das Zwerchfell arbeitet und die für die Artikulation wichtige Muskulatur bewegt wird», erklärt Rücker.

«Jeder weiß und akzeptiert, dass sich ein Sportler vor dem Wettkampf warm und locker machen muss. Das sollte auch für einen Sprecher gelten.» Zum Entspannen könne beispielsweise Gurgeln beitragen. Auch könne man Kauübungen machen, bei denen man Worte formt. Als schädlich für die Stimmbänder nennt Rücker häufiges Räuspern: «Das macht die Stimmbänder nur trocken und reizt noch mehr.» Stattdessen empfiehlt er, immer ein Glas Wasser parat zu haben. Außerdem sollte nur so viel Luft eingeatmet werden, wie für einen Gedanken benötigt werde.

Doch wenn trotz aller Vorbeugung und Übung die Stimme wegbleibt, ist nach den Erfahrungen der Ärzte Schweigen die beste Erste Hilfe. Dazu empfehlen die Fachleute eine «Kehlkopfdiät»: nicht rauchen oder Alkoholkonzentriertes trinken, scharf gewürzte Speisen meiden, auf stark gekühlte als auch erhitzte Getränke verzichten und nicht zu heiß essen. Alles Weitere richtet sich nach der individuellen Diagnose und reicht von der stimmtherapeutischen Behandlung bis zur Operation.

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