Mind-Body-Medizin vereint Schulmedizin und Selbstheilungskräfte

Essen/Potsdam (dpa/tmn) – Schulmedizin und Naturheilkunde stehen oft als scheinbar unvereinbar nebeneinander. Gleichzeitig wächst aber auf beiden Seiten die Erkenntnis, dass sie sich keinesfalls ausschließen müssen. Die sogenannte Integrative Medizin kombiniert beides miteinander, damit eine gemeinsame und wirksamere Behandlung möglich wird. Als «Mind-Body-Medizin» stabilisiert sie die Selbstregulation des Menschen, um die medizinisch notwendige Behandlung positiv zu begleiten.

Diese Stärkung der eigenen Kräfte kann nicht nur kranken, sondern auch gesunden Menschen guttun. «Im Großen und Ganzen geht es um Achtsamkeit, Entspannung und Veränderung des Lebensstils», sagt Anna Paul, die an dem 2005 gegründeten Lehrstuhl für Naturheilkunde der Universität Duisburg-Essen Mind-Body-Medizin erforscht und lehrt.

Der englische Begriff «Mind» wird in diesem Zusammenhang am besten übersetzt mit «Bewusstsein» für den eigenen Körper («Body»). Die sehr komplexe Mind-Body-Medizin hat ihre Ursprünge in amerikanischen Wissenschaftszentren. Nach der Definition der US-Gesundheitsbehörde National Institutes of Health (NIH) zielt sie unter anderem auf die Interaktionen und Beziehungen zwischen Gehirn, Geist, Körper und Verhalten ab.

Die gesundheitsfördernden Potenziale, die in jedem Menschen schlummern, können auf verschiedene Wege geweckt werden. «Es hängt, wie oft in der Naturheilkunde, von dem Menschen selbst ab», erklärt Paul. Die Basis für einen Erfolg der Methode, die auch Ordnungstherapie genannt wird, ist die innere Haltung, sich selbst wahrzunehmen. «Wir fördern die Fähigkeit der Menschen zur Achtsamkeit sich selbst gegenüber», erklärt sie. Erst dann beschäftigt sich das medizinische Konzept konkret mit den Themen Ernährung, Bewegung, Entspannung und Stressvermeidung. Dazu können Methoden wie Yoga, Qigong oder Autogenes Training gehören, ein individuelles Sportprogramm oder eine bewusste und gesunde Ernährung.

In der Klinik für Naturheilkunde und Integrative Medizin in Essen begleitet die Mind-Body-Medizin seit 1999 schulmedizinische Therapien. Das Behandlungsspektrum ist breit und reicht von Krebs- über rheumatische Erkrankungen bis hin zu Schmerzsyndromen wie Migräne oder koronaren Herzerkrankungen. «Integrative Medizin bedeutet für uns, dass wir uns aus den Medizinsystemen das nehmen, was das Beste für den Patienten ist», sagt Paul als Leiterin derOrdnungstherapie an der Klinik, der auch eine Tagesklinik angegliedert ist.

Bei den meisten der bislang rund 20 000 Patienten sei nach der Behandlung zu beobachten, dass sie in ihrem Alltag stärker auf Selbstfürsorge achten. Daten belegten, dass Patienten weniger Medikamente nehmen müssten und vitaler seien, erklärt Paul. Die Kosten für einen stationären Aufenthalt sowie für die Tagesklinik werden von allen gesetzlichen Krankenkassen getragen. Ebenso praktizieren niedergelassene Ärzte die Integrative Medizin.

Aber auch Menschen ohne Beschwerden oder diagnostizierte Krankheiten können Selbstheilungskräfte gut gebrauchen, um gesund zu bleiben. Mind-Body-Medizin für die gesunde Bevölkerung aufzubereiten, hat sich der Allgemeinmediziner und Wissenschaftler Prof. Tobias Esch zur Aufgabe gemacht. «Mich hat immer fasziniert, was es bedeutet, den Fokus bei Gesunden darauf zu richten, die eigenen Potenziale und Selbstheilungskräfte zu aktivieren», fasst er zusammen. So kam ihm gemeinsam mit seiner Frau, ebenfalls Ärztin, die Idee zur Gründung des Instituts für Mind-Body-Medizin in Potsdam. Im Rahmen eines Gesundheitstrainings werden die Inhalte der Mind-Body-Medizin für Unternehmen, Institutionen und Einzelpersonen angeboten.

Um aber die Inhalte und den Nutzen der Mind-Body-Medizin innerhalb einer betrieblichen Gesundheitsförderung in Unternehmen zu vermitteln, müsse das Thema mitunter unter einem anderen Begriff eingeführt werden. «Das kann bedeuten, dass man die Instrumente der Mind-Body-Medizin in der Wirtschaft etwa im Rahmen von 'Stressmanagement' oder 'Gesundheitscoaching' anbietet», ergänzt Esch, der den Studiengang Integrative Gesundheitsförderung an der Hochschule Coburg aufgebaut hat.

In Zeiten, in denen das Thema Burnout öffentlich viel diskutiert wird, öffnen sich nach den Worten Eschs auch zunehmend Unternehmen, um Prävention vor allem mit dem Schwerpunkt Stressbewältigung zu betreiben. Neben dem alltäglichen Stress in der beschleunigten Welt fehle vielen Menschen die Fähigkeit, zur Besinnung zu kommen: «Ich muss meine eigenen Bedürfnisse wieder wahrnehmen können.» Und hier setzt die Mind-Body-Medizin an, durch innere Kraft eigene Ressourcen und Regulationsfähigkeit zu stärken, um so mit den Belastungen des alltäglichen Lebens besser fertig zu werden.

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