Mehrheit fürchtet schlechtere Gesundheitsversorgung

Berlin (dpa) - Ärztemangel, Pflegenotstand und mehr Behandlungen auf eigene Kosten: Die meisten Bundesbürger fürchten einen schrittweisen Verfall der Gesundheitsversorgung in Deutschland. In einer am Mittwoch veröffentlichten Umfrage erwarten 79 Prozent steigende Krankenkassenbeiträge und mehr Zwei-Klassen-Medizin. 57 Prozent meinen, Patienten müssten für Arztbesuche und Operationen künftig oft selbst zahlen.

Mehr als jeder Zweite (52 Prozent) macht sich Sorgen, bei Pflegebedürftigkeit finanziell nicht genug abgesichert zu sein. Das geht aus dem sechsten Gesundheitsreport des Finanzberaters MLP hervor, für den das Institut für Demoskopie Allensbach mehr als 2000 Bürger und 500 Ärzte befragt hatte. «Es ist relativ düsteres Szenario, das die Bevölkerung für die Zukunft hat», sagte Allensbach-Geschäftsführerin Renate Köcher bei der Vorstellung in Berlin.

«Das Thema Pflege beschäftigt die Bevölkerung sehr intensiv», sagte Köcher. So sehen mehr als drei von vier Bürgern (77 Prozent) die Pflegeversicherung grundsätzlich nicht als ausreichend an. 82 Prozent meinen laut der im September durchgeführten Umfrage weiter, die Politik müsse in Sachen Pflege mehr tun.

Sorgen macht vielen auch die Lage bei den Ärzten: In kleinen Kommunen meint knapp die Hälfte der Bevölkerung, dass Ärzte fehlen (20 Prozent) oder Medizinermangel droht (29 Prozent). In den ostdeutschen Gemeinden beobachte jeder Dritte einen Ärztemangel, sagte Köcher. Bundesweit rechnen 20 Prozent damit in ihrer Gegend, 13 Prozent beklagen bereits fehlende Mediziner. Bei den Ärzten meinen sogar 65 Prozent, es gebe bereits zu wenig Vertreter ihrer Zunft.

Die Zufriedenheit mit dem Gesundheitssystem heute ist aber gewachsen: 72 Prozent der Bevölkerung und 88 Prozent der Ärzte urteilen «gut» oder «sehr gut», vor zwei Jahren waren es 64 und 82 Prozent. Gesetzlich Versicherte fühlen sich zu 64 Prozent gut abgesichert, nach 59 Prozent 2010. Laut Köcher fürchten die meisten Menschen, dass die Probleme mit dem Älterwerden der Gesellschaft erst kommen - weil die Politik unzureichend reagiere.

Die Ärztekammer forderte nachhaltige Schritte. Die Politik habe ihren Führungsanspruch in dem Bereich aufgegeben, beklagte Ärztepräsident Frank Ulrich Montgomery. «Die Gesellschaft muss selbst entscheiden, welche Leistungen für sie prioritär sind.» Entsprechende Forderungen nach einer «Priorisierung» waren bereits auf heftigen Widerspruch der Bundesregierung gestoßen.Derzeit geben zwei von drei Ärzten an, noch nie aus Kostengründen auf ratsame Behandlungen verzichtet zu haben. 59 Prozent der Ärzte mussten nach eigenen Angaben aber schon einmal Behandlungen deshalb auf später verlegen. 72 Prozent empfangen häufig auch Patienten, ohne dass es medizinisch nötig wäre.

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