Koalition will 2012 Praxisgebühr reformieren

Berlin (dpa) - Die schwarz-gelbe Koalition will nächstes Jahr die Praxisgebühr in der jetzigen Form abschaffen, da sie die erhoffte Steuerungswirkung hin zu weniger Arztbesuchen verfehlt hat. Allerdings liegen die Vorstellungen von Union und FDP noch deutlich auseinander: In der FDP will man über mehr Eigenverantwortung der Krankenversicherten eine Reduzierung der Arztbesuche erreichen - in der Union ist eine Gebühr pro Arztbesuch im Gespräch.

Möglich wäre etwa, statt der 10 Euro pro Quartal künftig bei jedem Arztbesuch eine Gebühr von bis zu 5 Euro zu erheben, wie die «Bild»-Zeitung berichtete. Die FDP lehnt dies ab und verweist darauf, dass dies die Position der Union sei.

Ein Sprecher von Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) machte klar: «Überlegungen, die Praxisgebühr pro Arztbesuch zu erheben, stammen nicht aus dem Bundesgesundheitsministerium.» Der schwarz-gelbe Koalitionsvertrag sieht eine Überprüfung der Praxisgebühr vor. Das Gesundheitsministerium erwartet daher einen entsprechenden Vorstoß aus den Koalitionsfraktionen.

Der gesundheitspolitische Sprecher der FDP-Fraktion, Heinz Lanfermann, machte deutlich, bei einer Reform gehe es darum, mehr auf Eigenverantwortung der Versicherten zu setzen. Gegen eine kleine, sozial abgefederte Selbstbeteiligung sei nichts einzuwenden. Aber eine Gebühr pro Arztbesuch «lehne ich ab», sagte Lanfermann.

Ungeachtet der Gebühr gingen die Deutschen im Durchschnitt 18 Mal im Jahr zum Arzt, erläuterte der FDP-Politiker. Das seien weit mehr Arztbesuche als in anderen, vergleichbaren Ländern. Er habe das 2004 eingeführte System schon immer als verfehlt betrachtet - zumal im Zeitalter des bargeldlosen Zahlungsverkehrs, fügte Lanfermann hinzu.

Mehr Eigenverantwortung könnte etwa durch mehr Transparenz bei den Behandlungskosten geschaffen werden, sagte der FDP-Politiker. So könnten die Patienten nach dem Erstattungsprinzip die Abrechnungen der Behandlungen bekommen, ohne jedoch in Vorkasse gehen zu müssen.

Es gehe bei der Reform auf jeden Fall nicht um eine Steigerung der Einnahmen - die Gesamteinnahmen durch die Praxisgebühr lägen bei 2,6 Milliarden Euro. Für ein intelligenteres System könne man - angesichts der guten Kassenlage - sogar auf einen Teil verzichten, machte Lanfermann deutlich.

Einig sind sich beide Koalitionspartner, dass die Praxisgebühr die erhoffte Steuerungswirkung verfehlt hat. Der FDP-GesundheitsexperteLars Lindemann sowie der CSU-Abgeordnete Johannes Singhammer argumentierten in der «Bild»-Zeitung, die Zahl der Arztbesuche habe mit der jetzigen Gebühr pro Quartal nicht eingedämmt werden können.

Allerdings bestehen auch Zweifel, dass eine Erhebung der Gebühr pro Arztbesuch mehr Steuerungswirkung erziele, zumal sie erst im Nachhinein erhoben würde. Dar Haupteffekt wären wohl Mehreinnahmen im Gesundheitssystem. Die Krankenversicherung aber hat derzeit gar kein Geldproblem - sie wies zuletzt Überschüsse aus.

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