Ist der chronische Mangel an Spenderorganen bald vorbei?

Berlin (dpa) - In Deutschland herrscht seit langem ein chronischer Mangel an Spenderorganen. Tausende Kranke hoffen vergeblich auf die lebensrettende Transplantation. Die Mehrheit der Bundesbürger steht zwar einer Organspende aufgeschlossen gegenüber. Viele drücken sich aber vor einer Entscheidung. Ihnen soll nun - ohne Verpflichtung, aber mit sanftem Zwang - der Schritt zur Einwilligung in eine Organentnahme im Todesfall erleichtert werden. dpa beantwortet die wichtigsten Fragen zum Thema.

Wie viele Patienten warten auf ein Spenderorgan?

Nach Angaben der Deutschen Stiftung Organtransplantation (DSO) warten etwa 12 000 Patienten in Deutschland auf ein Spenderorgan, rund 8000 davon auf eine Niere.

Wie oft wird in Deutschland transplantiert?

Im vergangenen Jahr wurden laut DSO 5083 Organe transplantiert. Darunter waren 4205 Organe, die Toten entnommen wurden - der Rest entfiel auf lebende Spender. Seit der ersten Nierenverpflanzung im Jahr 1963 sind insgesamt 103 125 Organe transplantiert worden. Mit 16 Organspendern pro einer Million Einwohnern gibt es in Deutschland im internationalen Vergleich besonders wenige.

Wie lange müssen Patienten auf ein Organ warten?

Sehr lange. Bis eine Niere verfügbar ist, vergehen durchschnittlich fünf bis sechs Jahre.

Wie viele Patienten sterben in der Zwischenzeit?

Jährlich warten etwa 1000 Patienten nach den DSO-Zahlen vergeblich auf ein gesundes Fremdorgan und sterben. Manche Patienten müssen auch von der Warteliste genommen werden, weil sich ihr Allgemeinzustand zu sehr verschlechtert hat.

Wie ist die Organspende bisher in Deutschland geregelt?

Es gibt die sogenannte Zustimmungslösung: Wer Spender sein will, muss dies kundtun. Entweder in einem Organspenderausweis oder gegenüber Familienangehörigen oder anderen Vertrauten. Ohne diese Zustimmung geht gar nichts - im Gegensatz zu anderen Ländern. Dort gilt das Einverständnis in eine Organentnahme im Todesfall grundsätzlich als erteilt, sofern nicht - wie in Spanien etwa - ein schriftlich formulierter Widerspruch des Betroffenen vorliegt.

Was soll sich ändern?

Die Bundesbürger sollen nach den Plänen aller Bundestagparteien mit so viel Nachdruck wie möglich nach ihrer Bereitschaft zur Organspende gefragt werden und sich dann erklären. Noch liegen die Details dieser «Erklärungslösung» nicht fest. Aber klar ist: Jeder soll immer mal wieder informiert und gefragt werden. Von den Krankenkassen etwa bei Ausgabe der Versichertenkarte, vielleicht auch von Ämtern bei der Beantragung von Dokumenten wie Führerschein oder Personalausweis.

Welche Bedenken gibt es?

Nicht wenige Bürger sorgen sich, dass bei einem Einverständnis in die Organentnahme Ärzte den Hirntod als zentrales Entscheidungskriterium zu früh feststellen könnten - nur, um an das benötigte Organ zu kommen. Die Patientenschutzorganisation Deutsche Hospiz Stiftung hält die geplante «Erklärungslösung» für nicht zielführend. Obwohl Krankenhäuser schon heute verpflichtet seien, jeden Gehirntoten zu melden, werde dies nur unzureichend befolgt: Von jährlich 4000 Gehirntoten würden nur 1900 und damit weniger als die Hälfte gemeldet. Aus Sicht der Patientenschützer ist «Organisationsversagen» also der Grund für den Mangel an Spenderorganen in Deutschland.

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