Ein Schnitt, na und? - Narben nicht um jeden Preis korrigieren

Eine rötliche Narbe auf der Brust oder ein hässlicher Schnitt an der Schulter: Viele Menschen stören sich am Anblick einer Narbe und empfinden sie als psychische Belastung. Solche Narben lassen sich oft korrigieren - das sollte allerdings nicht um jeden Preis erfolgen.

Nicht immer verheilen Narben so, dass man sie später kaum noch sieht. Rote, juckende Wucherungen entlang der ursprünglichen Wunde oder sogar darüber hinaus stören dann nicht nur optisch, sondern führen bei manchem Patienten auch zu Schmerzen oder Bewegungseinschränkungen. Das passiert insbesondere an der Brust, über den Schulterblättern und am Ohrläppchen - und vor allem dann, wenn der vernähte Hautbereich unter großer Spannung steht. Mediziner kennen verschiedene Wege, selbst ältere, störende Narben zu behandeln und Beschwerden zu lindern.

«Das Vermeiden von übermäßig viel Zug und Spannung auf die Wundränder und eine sanfte Behandlung des Gewebes spielt schon beim Operieren eine wichtige Rolle für die spätere Narbenheilung», erklärt Gerd Gauglitz von der Klinik und Poliklinik für Dermatologie und Allergologie der Universität München. Das Interesse an Narben sei gestiegen, den Erfolg einer Operation beurteilten Patienten immer häufig am Ergebnis der Narbe. «Dort, wo eine Narbe ist, wird immer eine bleiben. Man kann sie leider nicht wegzaubern», betont er. In den meisten Fällen ließen sich aber bei der nachträglichen Behandlung von Narben zufriedenstellende Ergebnisse erzielen.

Hält sich die Wucherung an den Verlauf der ursprünglichen Wunde, spricht der Fachmann von einer hypertrophen Narbe. Wächst sie darüber hinaus, nennt man sie Keliod. In vielen, aber nicht allen Fällen werden beide Narbenformen gleich behandelt. Auf ein Wunder hoffen dürften Patienten aber nicht, sagt auch Sven von Saldern, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Ästhetisch-Plastische Chirurgie (DGÄPC). Das sei unrealistisch. Auch in der Leitlinie zur Narbentherapie der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft heißt es ausdrücklich: «Mit keiner der derzeit zur Verfügung stehenden Methoden der Narbentherapie gelingt es in allen Fällen, eine Narbenreduktion beziehungsweise Verbesserung der funktionellen und/oder kosmetischen Situation zu erzielen.»

Eine Behandlung bietet sich an, solange die Narbe noch rot ist und juckt, selbst wenn sie schon zwei Jahre alt ist. Keloide seien fast immer zu behandeln, sagt Gauglitz. Zwar gibt es laut Leitlinie keine Standardbehandlung für alle Narbenarten. Aber das Vereisen, Kryotherapie genannt, und das Gauglitz zufolge meist anschließende Spritzen von Kortison gelten als etablierte und gesicherte Verfahren zur Behandlung von Keloiden und hypertrophen Narben. Durch das Vereisen werde das Gewebe weicher, so lasse sich das Medikamentbesser spritzen, erläutert er. «Allerdings sollte man das nur von jemandem machen lassen, der sich gut damit auskennt», rät der Mediziner. Einspritzen und Vereisen sind häufig Leistungen der gesetzlichen Krankenkasse.

Ebenfalls häufig eingesetzt werden einem Patientenflyer des Berufsverbands der Deutschen Dermatologen zufolge Laser oder Radiofrequenztherapie, um eine Narbe zu glätten, geschmeidiger zu machen oder abzutragen. «Laser, die nicht abtragen, veröden sozusagen die Blutgefäße in der Narbe, und das beschleunigt die Ausreifung», erläutert von Saldern. Und ein Farbstofflaser könne zum Beispiel einem roten Keloid die Farbe nehmen und ihn abflachen, ergänzt Gauglitz. Das sei aber eine ästhetische Sache, die nicht von der

Kasse finanziert werde. Patienten sollten diese Methode daher grundsätzlich genau abwägen. Denn in der Leitlinie heißt es: «Insgesamt hat die Lasertherapie bis heute nicht die ursprünglich in sie gesetzten Erwartungen erfüllt.»

Ein neuer Ansatz ist das Spritzen eines bestimmten Chemotherapeutikums. Damit gebe es in den USA viele gute Erfahrungen, sagt Gauglitz. Allerdings sei das Medikament hierzulande nicht für diesen Zweck zugelassen. Die Leitlinie erwähnt zwar günstige Effekte in Einzelfällen, hält die Wirkung aber doch für fraglich.

Nur im Einzelfall ist die Therapie der Wahl das erneute Operieren von Keloiden, weil sie häufig wiederkommen. «Das Ausschneiden einer hypertrophen Narbe rangiert noch immer weit oben, aber nur, wenn erstmals nicht gut operiert wurde und Zug und Spannung von der Wunde genommen werden müssen», ergänzt Gauglitz. Im Idealfall bleibe anschließend nur eine feine Linie über. Aber bevor durch eine neuerliche OP «aktiv eine neue Wunde» geschaffen wird, müsse man ohnehin abwarten, bis die Narbe ganz ausgereift und weich und nicht mehr rot ist, fügt von Saldern hinzu.

Er rät eindringlich davon ab, eine störende Narbe auf jeden Fall korrigieren zu wollen. Denn das könne im schlimmsten Fall zu Entstellungen führen, gegenüber denen die ursprüngliche Narbe ein Klacks war. «Viele Probleme lösen sich von allein, gerade bei jungen Menschen», sagt er. Grundsätzlich sei bei Betroffenen Geduld gefragt - eine zu frühe Korrektur könne eine Narbe deutlich verschlechtern.

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