Dem «Schwanenhals» vorbeugen - Was bei Gelenkrheuma hilft

«Schwanenhals» oder «Knopfloch»: Das klingt harmlos. Es sind aber Namen für Verformungen der Hände, die durch entzündliche Rheumaerkrankungen hervorgerufen werden. Betroffene sind im Alltag stark behindert. Die richtige Therapie kann das aufhalten. 

Was besonders stört, sind Einschränkungen bei einfachsten Handgriffen. «Man kann nicht richtig fest zupacken», sagt Birgit Schmidt vom Landesverband Hamburg der Deutschen Rheuma-Liga. «Beim Umgang mit schweren und harten Gegenständen tut man sich immer wieder weh.» Auch bestimmte Bewegungen seien kaum noch möglich, weil sie zu schmerzhaft sind. Schon die Drehbewegung beim Öffnen von Schraubverschlüssen auf Flaschen und Gläsern werde zur Herausforderung.

Birgit Schmidt ist Mitte 50 und hat seit 24 Jahren rheumatoide Arthritis – Gelenkrheuma. Wie bei vielen Rheumapatienten sind bei ihr vor allem die Hände betroffen. Hand- und Fingergelenke, genauer: deren Schleimhäute, sind chronisch entzündet. «Solche Entzündungen sind sehr aggressiv. Sie greifen die Knorpeloberflächen an und machen den Bandapparat kaputt», erläutert Prof. Stefan Renhart von der Deutschen Gesellschaft für Orthopädische Rheumatologie in Wiesbaden.

Die Gelenke werden labil und verrutschen. Außerdem kommt es durch die Entzündungen zu Wasserergüssen, die Gelenke und Sehnenscheiden anschwellen lassen. Wegen der Schmerzen verfallen Betroffene oft in Schonhaltungen. Das vergrößert das Problem, weil Muskeln und Gelenke nicht richtig bewegt werden. Die Gefahr dauerhafter Verformungen steigt.

Rheumatische Erkrankungen sind nicht heilbar. «Durch eine mosaikartige Therapie kann es aber gelingen, die Krankheit in den Griff zu bekommen», versichert Renhart. Die sogenannte Basistherapie müsse sich aus mehreren Bausteinen zusammensetzen: aus Medikamenten und Salben, Ergotherapie und Krankengymnastik. «Diese Maßnahmen dienen alle dem Ziel, Operationen zu vermeiden, solange es geht.» Durch neue Medikamente sei das inzwischen besser möglich als noch vor zehn Jahren. Werde die Erkrankung früh erkannt, können rapide und schubweise Verschlechterungen gut verhindert werden. Manchmal sei es gar möglich, nach einiger Zeit wieder auf Medikamente zu verzichten.

Betroffene bemerken vor allem die Schwellungen an den Gelenken. Später kommen Schmerzen und Steifheit hinzu, manchmal verändert sich die Haut. «Wenn die Symptome sechs Wochen anhalten, sollte unbedingt ein Facharzt aufgesucht werden - ein internistischer oder orthopädischer Rheumatologe», rät Renhart. «Wichtig ist, so früh und umfassend in die Therapie einzusteigen wie möglich.» In Zusammenarbeit mit anderen Spezialisten entwerfen Rheumatologen für jeden Patienten eine maßgeschneiderte Therapie. Wegen der sehrunterschiedlichen Krankheitsverläufe sei das absolut notwendig.

Diese Ansicht teilt Susanne Bitzer. «Jede Rheumaerkrankung ist so individuell wie der Betroffene selbst», erklärt die Expertin für Hand-Ergotherapie aus Berlin. Genau wie bei Medikamenten müssen auch in der Ergotherapie Mittel und Dosierung bei jedem Patienten individuell zusammengestellt werden. Es sei wichtig, unter Anleitung genau jene Muskeln zu trainieren, deren Einsatz die Fehlstellung des Gelenks verhindert. Absolut schädlich sei, die Hände mit Schaumstoff oder sogenannter Therapieknete zu trainieren. Das fördere die Fehlstellung sogar. Grundsätzlich gelte: «Bewegung ja, Belastung nein.»

In der Ergotherapie lernen Rheumapatienten auch, ihren Alltag so zu gestalten, dass Verschlechterungen verhindert werden können. «Sie müssen Automatismen ändern. Das fängt schon damit an, zu überlegen, wie sie ihre Einkaufstüten erleichtern können», nennt Bitzer als Beispiel. Hilfsmittel in Beruf und Haushalt – zum Beispiel rutschsichere und verdickte Griffe – seien ebenfalls sinnvoll, um Stabilität und Beweglichkeit der Gelenke möglichst lange zu erhalten.

«Die Notwendigkeit chirurgischer Eingriffe ist stark zurückgegangen», bestätigt Richarda Böttcher von der Deutschen Gesellschaft für Handchirurgie in Berlin. Vor allem Eingriffe wiederherstellender Art seien immer seltener nötig. Sie erfolgen, wenn Fehlstellungen so stark werden, dass dem Patient die Teilhabe am täglichen Leben unmöglich wird.

Trotzdem gibt es immer noch Fälle, in denen kein Weg an einer Operation als Teil der Therapie vorbeiführt. Die meisten chirurgischen Eingriffe bei Handrheuma sind vorbeugender Art. Dabei wird entzündetes Gewebe entfernt oder die Lage von Sehnen und Bändern korrigiert. Auch Operationen zur Versteifung von Gelenken gebe es.

«Sie sind dann zwar weniger beweglich, dafür aber immerhin wieder stabil», erklärt Böttcher.

Auch Birgit Schmidts Handgelenk wurde operativ versteift. «Natürlich habe ich mich an Einschränkungen gewöhnen müssen», gibt sie zu. Dank Medikamenten, ergotherapeutischen Übungen und einigen Tricks im Alltag sei sie aber bisher von schlimmen Verformungen verschont geblieben.

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