Wende bei Pharmapreisen - Krankenkassen: «Ausgaben sinken»

Berlin (dpa) - Die Krankenkassen erhoffen sich sinkende Ausgaben angesichts neuer Preisfindungs-Regeln bei Arzneimitteln, die ab Januar umfassend greifen. Dann starten die ersten Preisverhandlungen zu einem neuen Medikament zwischen Kassenverband und dem Hersteller AstraZeneca. «Faire Preise heißt für uns, dass sich die Gewinne der Pharmaindustrie am Zusatznutzen für die Patienten orientieren und nicht an den Wunschvorstellungen der Aktionäre», sagte der stellvertretende Vorsitzende des Kassen-Spitzenverbands, Johann-Magnus von Stackelberg, der Nachrichtenagentur dpa in Berlin.

Das Verfahren wurde mit dem schwarz-gelben Arzneigesetz AMNOG geschaffen, nachdem die frei festgesetzten Preise der Hersteller jahrelang als überhöht galten. Neue Medikamente werden nun auf ihren Zusatznutzen gegenüber vergleichbaren Therapien geprüft. Nur für Mittel, die wirklich mehr bringen, sollen die Kassen auch mehr zahlen - wieviel, das wird ausgehandelt. «Das ist Neuland für alle Beteiligten», sagte Stackelberg. «Einen großen Effekt erwarte ich dadurch, dass Medikamente erkannt werden, die keinen Zusatznutzen haben.»

Dann sänken Erstattungspreise und damit Kassen-Ausgaben schlagartig - ohne Abstriche für Patienten. Der Preis eines Mittels ohne Mehrwert dürfe nicht höher sein als der für jenes bestehende Medikament, das nach wissenschaftlichen Kriterien als offizielles Vergleichsmittel festgelegt wurde.

Stackelberg erläuterte: «Ausschlaggebend ist: Wieviel kostet das offizielle Vergleichsmedikament? Und um wie viel größer ist der Zusatznutzen des neuen Produkts?» Binnen eines halben Jahres müssten die Verhandlungen über Mittel mit Zusatznutzen ein Ergebnis haben, sonst entscheide ein Schiedsamt.

Erstmals kündigten die Kassen an, auch schon auf dem Markt befindliche Medikamente mit Nachdruck dem neuen Verfahren unterwerfen zu wollen: «Wir werden in diesem Jahr die ersten Anträge für den Bestandsmarkt stellen.» Viel bringe hier keinen zusätzlichen Nutzen. Werde dies vom maßgeblichen Gremium - dem Gemeinsamen Bundesausschuss von Ärzte, Kassen und Kliniken - bestätigt, könne schnell Geld gespart werden. «Nur wenn diese Arzneimittel verstärkt der neuen Nutzenbewertung unterzogen werden, kann es die mit dem Gesetz vorgesehenen Einsparungen geben.»

Das Bundesgesundheitsministerium erwartet laut eigenen Angaben Einsparungen von rund zwei Milliarden Euro pro Jahr. Stackelberg wies Kritik der Pharmabranche zurück, Patienten würden nun Innovationen vorenthalten. Vielmehr nützten ihnen die strengeren Regeln. «Bislang werden viele Medikamente auf den Markt gebracht, in denen nur Moleküle variiert sind, ohne für den Patienten nützlich zu sein.»Sinnlose und völlig unwirtschaftliche Arzneimittel komplett aus der Erstattung auszuschließen, habe der Gesetzgeber aber erschwert. Stackelberg: «In drei, vier Jahren werden wir sehen, ob wir hier gesetzliche Nachbesserungen brauchen.»

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