Entspannende Moorbäder wärmstens empfohlen

Eine zähe, breiige Masse, die träge den Körper umschließt - wer in Moor badet, liegt in einer warmen Wohlfühlpampe. Das Naturheilmittel wird schon lange medizinisch genutzt. Denn es entspannt die Muskulatur und kann chronische Schmerzen lindern.

Wenn Menschen unter chronischen Rückenbeschwerden leiden, verabreichen Ärzte ihnen gern Schmerztabletten. Auch Massagen und Krankengymnastik werden oft verschrieben. In manchen Fällen kann es jedoch sinnvoll sein, zu einer Therapieform zu greifen, die eher selten im Zentrum der öffentlichen Aufmerksamkeit steht: die Moortherapie. «Bei bestimmten Leiden kann das die bessere Wahl sein und den Konsum von Schmerzmitteln deutlich reduzieren», sagt Prof. Karl-Ludwig Resch, Leiter des Instituts für Gesundheitsforschung in Bad Elster.

Moorbäder haben in Europa eine lange Tradition, die naturheilkundliche Medizin wendet sie schon seit mehr als 200 Jahren an. Die dickbreiigen Vollbäder wirken vor allem über die besondere Art der Wärmeübertragung auf den Menschen. Das liegt an der Mischung aus Torf und Wasser, aus dem sich das Moor bildet.

«Da es eine feste Substanz ist, gibt es eine gute Wärmeübertragung in den Körper. Sie ist wesentlich besser als etwa beim Wasserbad», erklärt Prof. Andre-Michael Beer von der Klinik Blankenstein in Hattingen. Weil das Moor so zäh ist, verbrühen sich die Patienten trotz einer Temperatur von bis zu 43 Grad Celsius nicht die Haut. So können dem Körper während eines etwa 20 Minuten dauernden Bades große Mengen an Wärme zugeführt werden. Die Körperkerntemperatur erwärmt sich dann um bis zu zwei Grad.

Durch diese sogenannte systemische Hyperthermie - die Überwärmung des ganzen Körpers - kommt es zu einer Vielzahl biologischer Reaktionen, die Linderung verschaffen. «Das ist der massivste Wärmereiz, den wir in der Medizin setzen können, bei dem gleichzeitig zuverlässig eine Schädigung des Gewebes ausgeschlossen werden kann», sagt Resch. Badetorf kann in Form von Packungen, aber auch lokal, etwa an der Schulter, angelegt werden und nur dort wirken.

Als Hauptanwendungsbereich für ein Moorbad gelten degenerative und chronisch entzündliche Erkrankungen des Bewegungsapparates sowie gynäkologische Leiden. Beer nennt neben rheumatischen Problemen die Arthrose, Osteoporose-Schmerzen oder das Ganzkörperschmerzsyndrom. Doch auch beim prämenstruellen Syndrom, in den Wechseljahren oder bei vaginalen Infektionen werden Erfolge erzielt. Außerdem lassen sich damit bestimmte Hauterkrankungen therapieren, allerdings dürfen sie laut Beer nicht bei offenen Hautstellen angewendet werden.Ganzkörpermoorbäder sollten nicht bei Thrombosen oder schweren Herzerkrankungen gemacht werden, ergänzt Beer.

Durch die Wärme verbessert sich die Immunabwehr, die Muskulatur entspannt sich, und der Patient kommt zur Ruhe. Zum anderen erweitern sich die Gefäße und regen den Stoffwechsel an. Indem die höhere Aktivität «praktisch alles übertönt», werden die Schmerzrezeptoren desensibilisiert, der Schmerzzustand durchbrochen und das Leiden gelindert, erläutert Resch. Das sei besonders bei chronischen Beschwerden gut. Man könne es auch so sagen: Die Regelkreise im Körper reagieren auf den starken Wärmereiz, regulieren sich und finden ein neues Gleichgewicht. Es gebe quasi ein «Reset». «Dazu brauche ich aber eine Serie von Moorbädern», sagt Resch. Daher werden Moorbäder oft im Rahmen von längeren Kur- oder Klinikaufenthalten angewendet.

Allerdings sind sie wegen des höheren Stoffwechsels und der Anregung des Herz-Kreislauf-Systems sehr anstrengend. «Meinen Studenten sage ich immer: Wenn Ihr mal jemanden habt, den Ihr mit nichts runterkriegt, dann steckt ihn für 20 Minuten in ein Breibad», erzählt Resch. «Da wird der furigste Manager sanft wie ein Lamm. Der will hinterher nur noch seine Ruhe und erst einmal schlafen.»

Der Mediziner führt neben der Wärme im Torf enthaltene Substanzen als Grund der Heilkraft von Moorbädern an. Niedermolekulare Torfinhaltsstoffe wie Fulvinsäuren gelangten über die Haut in den Körper. «Diese biologischen Wirkungen sind antientzündlich, antiviral, antiallergisch und vor allem schmerzhemmend», fasst er zusammen. Sie seien in neueren Studien nachgewiesen worden. Resch hält es dagegen für «unwahrscheinlich, dass ich genügend Inhaltsstoffe über die Haut in den Körper bekomme».

Beer führt jedoch an, dass in Deutschland jedes Heilbad auf seinen eigenen Torf schwöre. «Wenn es nur die Wärme wäre, wäre es egal, welchen man nimmt. Aber jedes Bad weiß, dass jeder Torf andere biologische Wirkungen hat, weil er andere biologische Inhaltsstoffe enthält», erläutert Beer. Torf sei eben nicht gleich Torf.

Doch auch Prof. Jürgen Kleinschmidt setzt vor allem auf die Wärme: «Der Körper kann zwar bestimmte Inhaltsstoffe des Moors aufnehmen, das ist aber nur zweit- oder drittrangig», sagt der Lehrbefugte an der Medizinischen Fakultät der Universität München. Er verweist aber noch auf einen anderen positiven Effekt: «Moor wird in der Therapie nicht ver-, sondern gebraucht.» Nach der Anwendung werde es dem Moorlager zurückgegeben und dort renaturiert. Die Bäder sind also auch in ökologischer Hinsicht unbedenklich.

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