Sauna im Sommer?
In die Sauna gehen viele Menschen nur, wenn es draußen klirrend kalt
ist. Doch das bringt kaum mehr als wohltuende Entspannung. Wer seinen
Organismus wirklich stärken will, sollte zu jeder Jahreszeit
mindestens einmal pro Woche eine Schwitzkur machen.
Zunächst klingt es einleuchtend: Sauna bringt
nur was im Herbst und Winter, im Sommer schwitzt man ohnehin genug.
Doch dieser Gedanke entpuppt sich bei genauem Hinschauen als Irrtum:
Die positiven Wirkungen von Saunabesuchen für die Gesundheit beruhen
erstens auf einer langfristigen, regelmäßigen Anwendung und zweitens
auf dem abrupten Wechsel zwischen extremen Temperaturreizen.
Öffentliche Saunabäder haben im Sommer rund ein Drittel weniger Gäste
als im Winter, schätzt Hans-Jürgen Gensow vom Deutschen Sauna-Bund in
Bielefeld. Doch wer nur in der kalten Jahreszeit sauniert, hat davon
nicht mehr als wohltuende Entspannung. «Wer die Sauna als
Therapiemittel betrachtet, der muss sie regelmäßig das ganze Jahr
über mindestens einmal wöchentlich nutzen», rät Rainer Brenke. «Wenn
man nur im Herbst und Winter schwitzen geht, dann sind kaum
Veränderungen im Körper nachweisbar.» Der Facharzt für physikalische
Medizin aus Berlin beschäftigt sich seit Jahren mit den
physiologischen Wirkungen von Saunagängen.
Sie beruhen vor allem auf den Temperaturreizen. In der Sauna steigt
die Körperkerntemperatur um 1,0 bis 1,5 Grad. Das ist für den Körper
ein Alarmsignal, auf das er vielfältig reagiert: Das Immunsystem wird
angeregt, eventuell vorhandene Krankheitserreger abzutöten.
Gleichzeitig erhöhen sich Puls und das Herzschlagvolumen. «Dadurch
wird bei jedem Herzschlag mehr Blut durch die Adern gepumpt», erklärt
Dirk Peters vom Deutschen Wellness Verband in Düsseldorf. Dafür
weiten sich die Gefäße. Der Abkühlreiz sorgt dann dafür, dass sie
sich wieder zusammen ziehen.
Insgesamt werden also nicht nur Herz, Kreislauf und Immunsystem
aktiviert und trainiert, sondern auch die Durchblutung gefördert. Das
wiederum entspannt die Muskulatur und verbessert das Hautbild. «Auch
die Durchblutung der Nasenschleimhäute wird verbessert», ergänzt
Ursula Marschall, Leiterin des Kompetenzzentrums Gesundheit bei der
Krankenkasse Barmer GEK. «Das beugt Erkältungen vor, weil damit der
natürliche Schutz durch Entzündungsabwehrstoffe in der Schleimhaut
gestärkt wird.»
All diese längerfristigen Effekte treten erst ein, wenn sich der
Körper an die Wechselreize angepasst hat - unabhängig von der
Jahreszeit. «Nach drei Monaten regelmäßiger Saunagänge ist ein
Abhärtungseffekt des Immunsystems messbar: Der Interferonspiegel im
Blut steigt an», sagt Marschall. Interferon schützt den Organismus
vor Virusinfektionen.
Umfangreich erforscht sei der Abhärtungseffekt bezüglich der
finnischen Sauna, erläutert sie. Ob und welche Rolle unterschiedliche
Temperaturen oder auch Luftfeuchten in der Saunakabine für den Grad
der Abhärtung spielen, dazu gebe es keine Untersuchungen. Aber: «Es
gibt eine ganze Reihe von Studien, die nahelegen, dass die
physiologischen Wirkungen einer klassischen finnischen Sauna und
eines Dampfbades sehr ähnlich sind», fügt Peters an.
Die Entscheidung, ob man die finnische Sauna oder ein Dampfbad wie
ein Sanarium, ein Laconium oder ein Hamam besucht, kann man also mit
ruhigem Gewissen ganz nach den eigenen Vorlieben treffen. «Häufig ist
zu beobachten, dass eine trockene Sauna mit Temperaturen von 90 bis
100 Grad von Männern bevorzugt wird», berichtet Peters.
Bei Frauen seien die Schleimhäute auf der Innenseite der
Nasenscheidewand offenbar empfindlicher, sie gingen eher in ein
Dampfbad. Dort sind Menschen mit trockenem Husten oder anderen
Atemwegbeschwerden am besten aufgehoben. «Die feuchte Luft befeuchtet
die Schleimhäute gut», erklärt Internist Brenke. Zusätze wie
Eukalyptus lindern die Beschwerden. «Allerdings ist die
Kreislaufbelastung höher, weil das Schwitzen durch die Feuchte
behindert ist.»
Die üblichen Saunaregeln - Körper reinigen und abtrocknen, 10 bis 20
Minuten saunieren, abkühlen, ausruhen, trinken - gelten ebenfalls
unabhängig von Jahreszeit und Witterung. Allerdings funktioniert die
Abkühlung im Sommer anders als im Winter. In der trüben Jahreszeit
kostet die Schwalldusche oder der kalte Guss schon mal Überwindung.
«Im Sommer hingegen ist der Kältekick eine willkommene Erfrischung»,
sagt Saunaexperte Gensow.
Besonders beliebt seien in den Sommermonaten Saunen mit einer
ansprechenden Außenanlage, im Idealfall sogar mit einem Zugang zum
Wasser. «Wenn man aus der heißen Sauna direkt ins Meer gehen und ein
paar Züge schwimmen kann, dann ist das anschließend ein ähnlich
prickelndes Gefühl, wie wenn man sich nach dem Saunabad mit Schnee
eingerieben hat.» Bei einer Ruhepause im Schatten wird dann das
Sauerstoffbedürfnis optimal erfüllt.
Bestimmte Personengruppen sollten das Saunieren im Sommer wie im
Winter vorsichtig angehen. Wichtig für alle weniger erfahrenen
Saunagängern sei, dass sie sich langsam herantasten und darauf
achten, dass sie sich wohlfühlen, betont Marschall. Zunächst reiche
es, an bis zu drei Tagen in der Woche in die Sauna zu gehen, die
unterste Stufe nutze und die Saunagänge nicht länger als 10 bis 12
Minuten ausdehne.
Patienten mit Herzerkrankungen oder Bluthochdruck haben zwar oft
Bedenken, in die Sauna zu gehen. «Doch nach allem, was wir aus
medizinischer Sicht wissen, spricht nichts dagegen», sagt Marschall.
Entscheidend sei immer die individuelle Belastbarkeit. «Diese kann
man gut auf einem Fahrradergometer testen. Wer mindestens 75 Watt
ohne Einschränkung bewältigt, kann problemlos in die Sauna gehen.»
Wer Zweifel hat, fragt seinen Arzt. Tabu ist die Sauna für Menschen
mit Venenleiden und für Säuglinge.