Ratlosigkeit nach Babytod in Bremer Klinik

Bremen (dpa) - Die Mediziner sind ratlos: Drei Neugeborene sterben auf der Frühchenstation einer Bremer Klinik. Sie alle haben sich mit einem gefährlichen Keim infiziert. Auch andere Babys tragen den Erreger in sich. Doch woher der Keim kommt, ist unbekannt. «Wir kennen die Quelle der Infektion leider nicht», betonen Gesundheitsbehörde und Klinikleitung auf einer eilig anberaumten Pressekonferenz am späten Mittwochnachmittag immer wieder. Da ist das erste Kind schon beinahe drei Monate tot.

Anfang August stirbt der erste Säugling an dem Keim, der gegen Antibiotika resistent ist - es handelt sich um einen sogenannten ESBL-Bildner. Solche multiresistenten Keime sind hochgefährlich, doch das Klinikum Bremen-Mitte sieht keinen Grund, die Öffentlichkeit zu informieren. Denn dass so winzige Kinder - das Neugeborene wog noch nicht einmal 1000 Gramm - an einer Infektion erkranken und sterben, kommt nach Angaben der Ärzte sehr häufig vor. Solange es sich um Einzelfälle handele, sei das nicht ungewöhnlich, begründet Gesundheitsstaatsrat Joachim Schuster das lange Zögern.

Doch dann kommen weitere Fälle dazu. Kurze Zeit scheint der Erreger eingedämmt, dann sterben im Oktober wieder zwei Säuglinge. Inzwischen sind sich die Mediziner nicht mehr sicher, ob sie die Infektionswelle allein in den Griff bekommen. Experten vom Robert Koch-Institut rücken am Mittwoch an. Sie sollen die Frühchenstation der Frauenklinik genau unter die Lupe nehmen.

«Wir haben aus unser Sicht alles getan, was möglich war», sagte die pflegerische Geschäftsführerin Daniela Wendorff. Jetzt seien sie mit ihrem Latein am Ende. Medizinische Geräte und die Mitarbeiter wurden untersucht, Zimmer peinlichst genau gesäubert. «Wir haben selbst die Vorhänge vom Fenster genommen und sie reinigen lassen.» Trotzdem steckten sich weitere Babys an.

Schließlich zieht die Leitung des Klinikverbundes Gesundheit Nord, zu der das Klinikum Bremen-Mitte gehört, die Notbremse. Die betroffene Frühchenstation mit 16 Betten darf keine neuen Patienten mehr aufnehmen. Es wird zu einer Pressekonferenz eingeladen. In der Ankündigung ist von einem «schweren hygienischen Zwischenfall» die Rede. Was das konkret heißt, wollen Gesundheitsbehörde und Klinikleitung zunächst nicht kommentieren.

Auch die Staatsanwaltschaft erfährt erst kurz vorher aus den Medien von Vorfällen. Kurz angebunden bahnt sich Staatsanwalt UwePicard seinen Weg durch die wartenden Journalisten. Er will im Nebenraum mehrere Zeugen verhören. Dreimal treten die Verantwortlichen vor die Kameras, um anzukündigen, dass sich die Pressekonferenz verzögert.

«Für uns ist das alles andere als eine alltägliche Situation», sagt Gesundheitsstaatsrat Schuster zu Beginn entschuldigend. Alle Beteiligten seien sehr betroffen - vor allem die Mitarbeiter der Frühchenstation. «Die haben Schuldgefühle, weil eben niemand weiß, wo die Quelle der Infektion liegt», erläutert Wendorff. Hat womöglich einer vom Personal den gefährlichen Erreger eingeschleppt?

Vier der infizierten Babys befinden sich mittlerweile auf dem Weg der Besserung. Doch die Gefahr ist noch nicht gebannt: Dass weitere Frühchen, bei denen der Keim nachgewiesen worden ist, erkranken, kann die Klinik nicht ausschließen.

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