Neue Methode soll Krebsrisiko bei Stammzellentherapie senken

Forscher setzen große Hoffnungen auf Therapien mit Stammzellen - etwa bei Herzinfarkt oder Parkinson. Aber bis zum Durchbruch ist es ein weiter Weg. Experten sind jetzt einen Schritt vorangekommen. Deutsche Wissenschaftler haben offensichtlich einen Weg gefunden, das Krebsrisiko einer Stammzelltherapie deutlich zu senken. Bei den Versuchen an Mäusen geht es um unerwünschte Effekte der sogenannten pluripotenten Stammzellen.

Pluripotente Zellen können sich in jedes Gewebe verwandeln, aber auch Krebs erzeugen. «Sie können einfach zu viel», erläuterte ein Sprecher des Max-Planck-Instituts für molekulare Biomedizin am Donnerstag. Ein Team um den bekannten Forscher Prof. Hans Schöler aus Münster gewann jetzt aus Hautzellen von Mäusen direkt «multipotente» Stammzellen. Es wurden also bewusst keine Alleskönner erzeugt, sondern direkt Gewebe für bestimmte Zwecke. «Die Regeneration bestimmter Gewebetypen kann mit unserem Verfahren deutlich zielgerichteter und sicherer werden.» Doch bis zum medizinischen Einsatz am Patienten muss noch viel geforscht werden.

Ihre Ergebnisse veröffentlichten die Max-Planck-Wissenschaftler am Donnerstag im Fachjournal «Cell ? Stem Cell» (Online). Für die Reprogrammierung benutzten sie einen «Mix an Wachstumsfaktoren», also Proteinen, die das Zellwachstum im Körper steuern. Die Umwandlung sei umso wirkungsvoller, je öfter sich die Zellen unter Einfluss der Wachstumsfaktoren und der richtigen Kulturbedingungen teilten, erläuterte Schöler: «Die Zellen verlieren immer mehr ihre molekulare Erinnerung daran, dass sie mal eine Hautzelle waren.»

Bisher seien pluripotente Zellen noch das «Nonplusultra» der Forschung, so Schöler. In der gängigen Therapie am Menschen werden Patienten eigene Zellen entnommen und zu sogenannten induzierten pluripotenten Stammzellen umgewandelt. Aus den Multitalenten lässt sich jedes Körpergewebe züchten, das etwa zur Behandlung von Parkinson, Herzinfarkt oder Diabetes dient. «Uns ist (...) der Nachweis gelungen, dass eine Reprogrammierung von Körperzellen nicht zwingend über pluripotente Stammzellen erfolgen muss», sagte Schöler.

«Pluripotente Stammzellen sind so entwicklungsfähig, dass sie sich auch in Krebszellen verwandeln können ? anstatt ein Gewebe zu regenerieren, verursachen sie unter Umständen einen Tumor.» Die von Schölers Team jetzt beschriebenen Körperstammzellen weisen laut MPI einen Ausweg. «Sie sind "nur" multipotent, können also nicht alle, sondern nur bestimmte, genau definierte Gewebetypen wie im vorliegenden Falle ganz unterschiedliche Nervengewebe bilden. Ein enormer Vorteil im Hinblick auf den therapeutischen Einsatz.»Auf lange Sicht sieht Schöler erhebliches medizinisches Potenzial. «Dadurch, dass die Körperstammzellen multipotent sind und die Gefahr der Tumorbildung dramatisch reduziert ist, könnten die Zellen in einigen Jahren zur Geweberegenerierung bei Krankheiten oder im Alter eingesetzt werden», hofft der Forscher. Bis es soweit sei, müssten aber noch «erhebliche Forschungsanstrengungen» unternommen werden. Im nächsten Schritt sind laut Schöler entsprechende Untersuchungen mit menschlichen Zellen erforderlich. Zudem sei es «unerlässlich, das Langzeitverhalten der Körperstammzellen im Detail zu untersuchen».

Forscher der Universität Bonn publizierten am Donnerstag in der «Cell ? Stem Cell» zeitgleich sehr ähnliche Ergebnisse eigener Versuche. «Ganz bewusst zielten wir (...) auf die Herstellung von neuralen Stammzellen oder Gehirnstammzellen, nicht auf die pluripotenten iPS-Alleskönnerzellen, ab», sagte der Bonner Forscher Frank Edenhofer über seine Arbeit mit Bindegewebszellen von Mäusen.

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