Kabinett berät über Behebung des Landarzt-Mangels

Berlin (dpa) - Das Bundeskabinett berät heute (Mittwoch) darüber, wie sich der Ärztemangel auf dem Land beheben lässt. Dazu hat Gesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) einen Entwurf für ein «Versorgungsstrukturgesetz» vorgelegt, das unter anderem finanzielle Anreize vorsieht. Es soll die wohnortnahe medizinische Versorgung flächendeckend sicherstellen.

Diese ist vor allem in ländlichen Regionen nicht mehr gegeben. Für viele Landärzte, die altersbedingt aufhören, gibt es keine Nachfolger. Bahr will den Arztberuf durch eine «leistungsgerechte Vergütung» generell attraktiver machen. Vor allem aber sollen Jungmediziner durch höhere Honorare aufs flache Land gelockt werden.

Für mehr Versorgungsqualität sollen auch die Grenzen zwischen ambulanter und stationärer Behandlung eingeebnet werden. Geplant ist, dass Ärzte in Reha- und Pflegeeinrichtungen in unterversorgten Gebieten Patienten auch von außerhalb behandeln können. Gemeinden soll erlaubt werden, Arztpraxen auch in Eigenregie zu betreiben.

Kritisiert an dem Vorhaben wird, dass Bahr zusätzliches Geld für die Ärzte locker machen will, und zwar zulasten der Versicherten. Kassenvertreter sprechen schon vom «Ärzteversorgungsgesetz» mit Zusatzkosten in Milliardenhöhe. Nach Kassen-Meinung kann das Problem des Landarztmangels durch eine bessere Mittelverteilung und den Abbau der Überversorgung in Ballungsräumen gelöst werden.

Aus Sicht von Brandenburgs Gesundheitsministerin Anita Tack (Linke) enthält Bahrs Gesetz nur Versprechungen. «Es schafft kaum Anreize, um mehr Hausärzte aufs Land zu holen», sagte sie der Nachrichtenagentur dpa. «Das Anliegen, die hausärztliche Versorgung attraktiver zu machen, bleibt auf der Strecke.» Vermehrte Anstrengungen in der Aus- und Weiterbildung der Allgemeinmedizin würden hier helfen. Nötig sei auch ein abgestimmtes Zusammenwirken von Krankenhäusern und ambulanter Betreuung. Sie habe Verständnis dafür, Honorare für schwer arbeitende Ärzte in unterversorgten Regionen zu erhöhen. «Aber das darf keine Dauerlösung sein.»

Mecklenburg-Vorpommerns Gesundheitsministerin Manuela Schwesig (SPD) pocht bei der medizinischen Versorgung auf eine Mitsprache der Länder. «Wir brauchen flexible Modelle, um die medizinische Versorgung auch in der Fläche sichern zu können», sagte sie der Nachrichtenagentur dpa. Sie warnte Bundesgesundheitsminister Bahr davor, den nach zähem Ringen zwischen Bund und Ländern gefundenen Kompromiss aufzuweichen. Schwesig kritisierte, dass der Gesetzentwurf den Zugang zum Medizinstudium außer Acht lasse. Beispielsweise fehledie vielfach geforderte Landarztquote. Demnach sollen bei der Studienplatzvergabe Bewerber bevorzugt werden, die nach dem Studium für eine bestimmte Zeit in ländlichen Regionen arbeiten wollen.

Kritik kommt auch von den Arbeitgebern. «Es ist gesetzliche Aufgabe der Ärzteschaft, überall eine ausreichende ärztliche Versorgung sicherzustellen», sagte ein Sprecher der Bundesvereinigung der Arbeitgeberverbände (BDA) der Zeitung «Die Welt» (Mittwoch). «Wenn die Ärzteschaft dazu bislang nicht in der Lage ist und deshalb der Gesetzgeber aktiv werden muss, darf diese Fehlleistung nicht noch mit einem Honorarzuwachs belohnt werden.» Die Neuordnung der ärztlichen Versorgung könne und müsse kostenneutral erfolgen.

Der neue Chef der Krankenkasse Barmer/GEK, Christoph Straub, mahnte Korrekturen am Gesetzentwurf an. «Meine größte Sorge ist, dass die Herausforderung einer gleichmäßigeren Verteilung von Ärzten nicht ausreichend angegangen wird», sagte er der in Düsseldorf erscheinenden «Rheinischen Post» (Mittwoch). Insbesondere die Maßnahmen gegen die ärztliche Überversorgung kämen zu kurz. Das Gesetz habe aber auch «gute Ansätze».

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