Ist Kalzium als Nahrungsergänzung sinnvoll?

Kalzium schützt die Knochen vor Osteoporose. Nahrungsergänzungsmittel mit dem Mineralstoff galten lange Zeit als völlig ungefährlich und wurden häufig bedenkenlos konsumiert. Doch es gibt Hinweise, dass ein übermäßiger Gebrauch möglicherweise Herz-Kreislauf-Risiken birgt.

Kalzium ist ein Mineralstoff, den der Körper in sehr großen Mengen braucht. Er hält damit Knochen und Nerven gesund und die Muskulatur in Gang. Der Vitalstoff ist in Milch und Milchprodukten wie Joghurt oder Käse, in Gemüsen wie Brokkoli und Lauch oder in Nüssen reichlich enthalten. Man kann ihn zudem mit dem Trinkwasser und kalziumreichem Mineralwasser zuführen.

Einseitige Ernährungsweisen, aber auch Mangelernährung im Alter oder Krankheiten sind Gründe dafür, dass eine ausreichende Kalziumzufuhr manchmal auf der Strecke bleibt. Ein breites Sortiment an Nahrungsergänzungsmitteln, die zumeist Kombinationen aus Kalzium und Vitamin D enthalten, steht Verbrauchern dann zur Verfügung, um Defiziten entgegenzuwirken oder Mangelzuständen vorzubauen.

«Es ist in der Tat nachgewiesen, dass die Knochengesundheit durch die Zufuhr von Kalzium als Nahrungsergänzungsmittel steigt und die Rate an Knochenbrüchen in gefährdeten Bevölkerungsgruppen sinkt», sagt Prof. Armin Zittermann. Er leitet die Studienzentrale am Herz- und Diabeteszentrum Nordrhein-Westfalen in Bad Oeynhausen und ist Mitglied der Arbeitsgruppe Kalzium bei der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE). Wer jedoch leichtfertig zu den Mitteln greift, läuft möglicherweise Gefahr, sein Risiko für Gefäßverschlüsse und Herzinfarkt zu erhöhen. «Mehrere hochqualitative Studien aus den letzten Jahre liefern Hinweise darauf, dass diese Nebenwirkungen auftreten können», stellt Zittermann klar.

Die zusätzliche Aufnahme von Kalzium in Form von Nahrungsergänzungspräparaten sei vor allem dann problematisch, wenn bereits hohe Kalziumdosen mit der täglichen Nahrung zugeführt werden. Zittermann beruft sich auf eine Studie aus Schweden, deren Ergebnisse Anfang 2013 in der Fachzeitschrift «British Medical Journal» (BMJ) veröffentlicht worden sind. In der Studie war die Zahl der Todesfällen bei Frauen, die täglich mehr als 1400 Milligramm (mg) Kalzium über ihre Nahrung und Ergänzungspräparate zu sich genommen hatten, deutlich erhöht.

«Im Endeffekt hat Kalzium zwei Funktionen», erläutert er. Die größte Menge werde im Knochen eingelagert und erfülle wichtige Funktionen für die Knochenstabilität und -bruchsicherheit. Kleinere Mengen werden aber auch im Blut für die Blutgerinnung benötigt oder können zur Signalübertragung aus dem Blut in die Zellen abgegeben werden. Indiesem Zusammenhang spielt Kalzium eine wichtige Rolle für die Muskelfunktion und die Reizübertragung in den Nervenzellen – und beeinflusst so auch Herzmuskulatur und Herzfunktion.

Zusätzliches Kalzium sollte man daher nur dann einnehmen, wenn eine ausreichende Aufnahme über die Nahrung nicht gewährleistet werden kann, erklärt der Forscher. Die von der DGE empfohlene tägliche Zufuhr von Kalzium liegt für Erwachsene bei 1000 mg. Die Summe aus Nahrungsergänzung und Ernährung sollte laut dem Dachverband Osteologie (DVO) 1500 mg täglich in der Regel nicht überschreiten. Für Jugendliche liegt die DGE-Empfehlung bei 1200 mg pro Tag.

Häufig werde die empfohlene Tageszufuhr an Kalzium aber nicht erreicht, erklärt die Ernährungswissenschaftlerin Petra Ambrosius, die dem internen wissenschaftlichen Ausschuss der Gesellschaft zur Information über Vitalstoffe und Ernährung (Give) angehört. Wer die Ernährung nicht verbessern kann, müsse daher über eine Ergänzung mit Kalzium-Supplementen nachdenken. Auch auf eine ausreichende Vitamin-D-Versorgung komme es an. «Vitamin D benötigt der Körper, um Kalzium aufnehmen zu können», erklärt Ambrosius. Dementsprechend enthielten die handelsüblichen Präparate zur Ernährungsergänzung üblicherweise Kombinationen aus Kalzium und Vitamin D.

Auch beim Vitamin D herrsche häufig ein Mangel, vor allem im Winter, weil der Körper das Vitamin nur mit Hilfe von Sonnenlicht bilden kann. Letztlich sicher überprüfen lasse sich die individuelle Kalzium- und Vitaminzufuhr aber durch einer Nährwertfeinanalyse. «Man schreibt ein paar Tage lang auf, was man isst und trinkt», erläutert Ambrosius. «Die Ernährungsberater analysieren die Angaben anhand von Nährwertprogrammen und können dann feststellen, ob die Zufuhr wahrscheinlich gedeckt ist.»

Ein Umdenken bei der Einnahme von Kalzium-Supplementen aufgrund der neuen Studienergebnisse sei letztlich auch bei der Knochenkrankheit Osteoporose angebracht, resümiert Prof. Johannes Pfeilschifter von der Sektion Knochenstoffwechsel der Deutschen Gesellschaft für Endokrinologie. «Früher hat man gesagt, wer einer Osteoporose vorbeugen will, sollte viel Milch trinken, viel Käse essen und selbstverständlich auch Kalziumtabletten einnehmen», erklärt er. «Nach diesem Motto «Viel hilft viel» würde man heute nicht mehr verfahren.» Jemand, der mit der Nahrungszufuhr verlässlich auf seine täglichen 1000 mg Kalzium komme, brauche keine Nahrungsergänzung.

Ein Nutzen, es trotzdem zu machen, ergebe sich aus den bisherigen Studien nicht. Menschen mit einer nachgewiesenen Osteoporose und Kalziummangel müssen allerdings darauf achten, dass sie nicht unterversorgt sind. Eine ausreichende Versorgung mit Kalzium und Vitamin D ist außerdem wichtig bei allen Patienten, die Osteoporose-Medikamente einnehmen.

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