Gesundheitskosten auf Rekordhoch - Sind wir jetzt gesünder?

Gesundheit in Deutschland ist teuer. Aber man bekommt was für sein Geld, sagen Ärzte und Kassen. Versorgung und Medizintechnik sind erstklassig. Bei der Effizienz hapert es noch.

Eigentlich ist niemand so richtig überrascht, dass die Kosten im Gesundheitswesen immer weiter steigen. Sie gehen auf die 300 Milliarden Euro im Jahr zu. Das Rekordergebnis von 2010, der jüngsten statistischen Auswertung, fügt sich nahtlos in die Entwicklung der vergangenen Jahre, ja Jahrzehnte. Alle Anstrengungen, die Kosten zu deckeln, haben offensichtlich nicht gefruchtet - sei es im Arzneimittelbereich, sei es bei der Behandlung.

Zum Beispiel die unter Ulla Schmidt (SPD) eingeführte Praxisgebühr: Die zehn Euro sollten die Patienten davon abhalten, zu oft zum Arzt zu rennen. Inzwischen ist es weitgehend Konsens, dass die Gebühr ihr wichtigstes Ziel nicht erreicht hat, sondern nur noch eine weitere Einnahmequelle für das System darstellt. Entsprechend reagiert auch der Sprecher des Spitzenverbandes der Gesetzlichen Krankenkassen (GKV), Florian Lanz, wenn der FDP-Gesundheitsminister Daniel Bahr die Abschaffung der Gebühr fordert.

Die Praxisgebühr sei ein fester Finanzierungsbestandteil, bestätigt der Sprecher der Krankenversicherer und fügt hinzu: «Solange die Politik keinen Alternativvorschlag hat, durch was man sie ersetzen kann, gingen zwei Milliarden Euro an Einnahmen verloren.» Außerdem sei eine Neuregelung auch immer mit höheren Bürokratiekosten verbunden. Und auch bei der Aufforderung Bahrs, die Überschüsse an die Patienten zurückzugeben, sperren sich die Kassen. Die Milliarden sollen für schlechte Zeiten auf die hohe Kante gelegt werden.

Im übrigen habe Deutschland, da sind sich Kassen wie Ärzte einig, ein hervorragend funktionierendes Gesundheitssystem. Es sei einer der wichtigsten Wirtschaftsbereiche in Deutschland, wenn nicht der wichtigste, auf jeden Fall liege er noch vor der Autoindustrie, sagt der Präsident der Bundesärztekammer, Frank Ulrich Montgomery. Deutschland sei vor allem bei der Medizintechnik führend. Die Mehrausgaben seien also kein Grund zur Besorgnis, argumentiert Montgomery.

Die Möglichkeiten der Gesundheitsversorgung seien heute sehr hoch, die Lebenserwartung steige jedes Jahr um zwei bis drei Monate und das bei einem Ausgabenzuwachs, der sich parallel zum Bruttoinlandsprodukt entwickle. «Wir erreichen hier fast die Quadratur des Kreises», schwärmt der Ärzte-Präsident. Andererseits gab es immer wieder Erhebungen, die zu dem Schluss kamen, dass das deutsche Gesundheitssystem zwar bei den Kosten in der Weltspitze liege, bei der Effizienz jedoch eher im Mittelfeld.Der Bürger ist bereit, zusätzliche Leistungen aus eigener Tasche zu bezahlen. Fast die Hälfte der Ausgaben entfallen auf ambulante Einrichtungen wie Arztpraxen und Apotheken, so die Statistik. Der Chef des Berliner Instituts für Gesundheits- und Sozialforschung, Bertram Häussler, sieht darin den Indikator für eine generelle Entwicklung: «Die Eigenverantwortung des Patienten steigt sichtbar. Das wird vor allem an privaten Ausgaben für Arzneimittel und ambulante Leistungen wie Physiotherapiepraxen deutlich.»

Die Patienten hätten eben vielfach das Gefühl, dass sie noch ein bisschen was extra brauchen, sagt Häussler. Fast jedes zweite Arzneimittel werde mittlerweile selbst bezahlt. Für jeden Einwohner wurden 2010 rein rechnerisch 3510 Euro ausgegeben, inklusive Zusatzpräparate, Wellness und Kuren - Tendenz steigend.

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