Benzodiazepine steigern Demenzrisiko nicht
Studien hatten herausgefunden, dass Schlaf- und Beruhigungsmittel aus der Gruppe der Benzodiazepine das Demenzrisiko erhöhen könnten. Eine aktuelle Untersuchung kann das nicht belegen.
Einsatzgebiete von Benzodiazepinen ist groß
Benzodiazepine sind eine Klasse von Arzneimitteln, die den Neurotransmitter Gamma-Aminobuttersäure im Gehrin erhöhen, was eine beruhigende, anfallshemmende, angstlösende, hypnotische und muskelentspannende Wirkung hat. Sie finden vor allem bei Angst- und Schlafstörungen Anwendung, haben ihre Einsatzgebiete aber auch bei einer Vielzahl anderer Erkrankungen wie beim Alkoholentzug, bei Panikstörungen und Anfällen. Zu den Benzodiazepinen gehören Stoffe wie Diazepam, Alprazolam oder Flurazepam. Besonderes ältere Menschen erhalten häufig Medikamente aus dieser Stoffgruppe. Daten der National Institutes of Health zeigen, dass 8,7 Prozent der 65 bis 80-jährigen US-Amerikaner im Jahr 2008 Benzodiazepine erhielten. Zum Vergleich: Unter den 18- bis 35-Jährigen waren das nur 2,6 Prozent.
Verschiedene Studien legten bereits den Verdacht nahe, dass Benzodiazepine das Demenzrisiko Älterer erhöhen könnten. So sollte einer Untersuchung zufolge das Demenzrisiko gar um 50 Prozent erhöht sein. Eine andere Studie fand, dass selbst relativ kurzfristige Anwendungen von drei Monaten das Alzheimerdemenzrisiko um 51 Prozent steigerten. Andere Studien jedoch konnten diese Zusammenhänge nicht belegen.
Forscher warnen vor unkritischer Einnahme
Die aktuelle Analyse der Daten von über 3.400 Erwachsenen über 65 Jahren zeigt, dass Benzodiazepine das Demenzrisiko nicht erhöhen. Alle Teilnehmer der Studie waren zu Beginn der Studie nicht an Demenz erkrankt und durchschnittlich sieben Jahre lang beobachtet worden. Knapp 800 Teilnehmer erkrankten im Untersuchungszeitraum an einer Demenz, etwas über 630 an einer Alzheimerdemenz. Die Einnahmedauer von Benzodiazepinen betrug durchschnittlich ein Jahr.
Selbst Studienteilnehmer mit dem höchsten Verbrauch an Benzodiazepinen hatten kein erhöhtes Demenzrisiko und bauten auch nicht eher geistig ab als jene mit einem geringen Arzneimittelverbrauch. Eher wiesen Senioren mit einem geringen bzw. moderaten Benzodiazepinverbrauch entsprechend einer ein- bis viermonatigen Medikamenteneinnahme ein leicht erhöhtes Risiko für eine Demenz auf. Möglicherweise litten diese Patienten bereits unter einer Vorstufe der Demenz. Insgesamt sprechen sich die Forscher, die ihre Studie im "British Medical Journal" veröffentlichten, dennoch gegen die unkritische Anwendung der Medikamente bei Älteren aus. Denn es spielen auch Nebenwirkungen, Entzug und Abhängigkeit eine Rolle.