Wirbelgleiten

Wissen zu Wirbelgleiten

Wirbelgleiten, auch Spondylolisthesis genannt, bedeutet die Verschiebung und Verkippung zweier benachbarter Wirbelkörper meist im Lebenwirbelsäulenbereich. Retrolisthesis bedeutet die rückwärtige Verschiebung des oberen Wirbels gegen den unteren Wirbelkörper, Anterolisthesis bedeutet ein Vorwärtsgleiten des kopfnäheren Wirbelkörpers. Daneben gibt es auch ein seitliches Gleiten mit Rotation.

Unterscheidung von angeborenem von erworbenem Wirbelgleiten:

  • Angeboren ist das Wirbelgleiten, wenn ein Defekt im Zwischenwirbelbereich eines Wirbelbogens vorliegt (Spondylolyse). Zwischen zwei Wirbelgelenken befindet sich ein Spalt. Fast immer geht es um den letzten Lendenwirbel. Vier bis sechs Prozent der Kinder sind betroffen, dabei mehr Jungen als Mädchen. Schweres Wirbelgleiten betrifft jedoch mehr Mädchen. Wirbelgleiten tritt meist während des Wachstums im Alter zwischen zwölf bis siebzehn Jahren auf. Nach dem Wachstum ist nicht mit einem Fortschreiten der Krankheit zu rechnen.
  • Erworbenes Wirbelgleiten entsteht meist auf dem Boden degenerativer Veränderungen der Wirbelgelenke mit geschwächten Bandstrukturen im Bereich L4/L5. Der Zwischenwirbelbereich ist intakt. Betroffen sind häufiger ältere Frauen.

Ursachen

Neben dem selteneren angeborenen Wirbelgleiten ist die Hauptursache das verschleißbedingte (degenerative) Wirbelgleiten. Infolge degenerativer Veränderungen kommt es zur Instabilität der Wirbelsäule, sodass sich Wirbel gegeneinader verschieben können.

Diagnose zu Wirbelgleiten

Die Art der Beschwerden und körperliche Untersuchung reichen meist nicht aus, um eine Spondylolisthesis zu diagnostizieren. Nur stark fortgeschrittene Spondylolisthesen sind möglicherweise anhand von Gangveränderungen wie Seiltänzergang und Schiebegang oder dem Sprungschanzenphänomen (eine fühlbare oder sichtbare sprungschanzenähnliche Verformung der Lebenwirbelsäule) erkennbar. Bildgebende Verfahren sind nötig, um das Wirbelgleiten zu erkennen:

  • Röntgenaufnahmen: Sponylolisthesis und der Grad des Gleitens ist auf der Seitenaufnahme erkennbar. Wirbelgleiten wird in vier Schweregrade (Abrutschgrade) eingeteilt. Beurteilen lassen sich daneben die Haltung der Wirbelsäule, Veränderungen von Knochen und Gelenken sowie die Zwischenwirbelräume. Funktionsaufnahmen in Vorwärtsbeugung und Rückwärtsbeugung dienen der Stabilitätseinschätzung der Wirbelsäule.
  • Computertomografie (CT) / Kernspintomografie (MRT): Schnittbilder ermöglichen die Zuordnung von Schmerzen zu einem organischen Bereich. Beurteilen lassen sich Weichteile wie Bandscheiben, Nervenwurzeln und Bandstrukturen.

Symptome

Die Beschwerden bei Wirbelgleiten sind vom Schweregrad der Wirbelverschiebung abhängig.

Beschwerden können sein:
  • Rückenschmerzen (Lumbago) in Ruhe und bei Bewegung und Belastung
  • Bewegungseinschränkungen der Wirbelsäule
  • Rückenschmerzen mit Ausstrahlung in die Beine entsprechend eines Ausbreitungsgebietes von Nerven oder nicht genau lokalisierbar etwa bei degenerativen Veränderungen
  • Gefühlsstörungen und Missempfindungen der Beine
  • Schwächegefühl der Beine
  • Blasenstörungen und Mastdarmstörungen
Die letzten drei Symptome sind Zeichen der Nervenwurzeleinengung beziehungsweise Nervenwurzelkompression. Dies ist aber eher selten der Fall, da der Prozess des Gleitens oft langsam verläuft und sich nervale Strukturen anpassen. Angeborenes Wirbelgleiten muss keine Schmerzen und Einschränkungen verursachen, sodass meist im Rahmen einer anderen Untersuchung ein Zufallsbefund erhoben wird. Bei Spondylolisthesen Jugendlicher sind die Beschwerden ebenfalls vom Ausmaß der Veränderung abhängig und nicht charakteristisch.

Behandlung zu Wirbelgleiten

Die Behandlung richtet sich nach dem Schweregrad der Spondylolisthesis und der Beherrschbarkeit von Beschwerden. Bei geringgradiger Spondylolisthesis stehen symptomatische und konservative Behandlungen im Vordergrund:

  • Krankengymnastik/Physiotherapie: Training und Aufbau der Bauchmuskulatur und Rückenmuskulatur, die die Wirbelsäule stabilisieren. Die Übungen müssen zuhause weitergeführt werden
  • Sport/Bewegung: Rückenschonenende Sportarten wie Schwimmen (Rückenschwimmen), Radfahren, Nordic Walking oder Tanzen
  • Schmerztherapie: Nichtsteroidale Antirheumatika (NSAR) wirken schmerzlindernd und antientzündlich, Infiltrationsbehandlungen mit dem lokalen Spritzen von schmerzlindernden und entzündungshemmenden Substanzen
  • Physikalische Therapie: Stromtherapie und Massagen
Bei durch diese Maßnahmen nicht beherrschbaren Beschwerden, Nervenwurzelkompression oder Verengung des Spinalkanals (Spinalkanalstenose) kann eine Operation notwendig sein. Die Wirbel werden eingerichtet, miteinander verbunden und versteift. Auch Kinder und Jugendliche mit angeborener Spondylolisthesis und geringem Wirbelgleiten müssen die Rumpfmuskulatur trainieren und können bei Beschwerdefreiheit am Schulsport und Breitensport teilnehmen. Leistungssport und Sportarten wie Speerwerfen oder Gewichtheben sind nicht geeignet. Jährliche Kontrollen der Wirbelsäule bis zum Abschluss des Wachstums sind wichtig. Bei starkem Wirbelgleiten kann eine Operation mit Einrichtung, Verbindung und Versteifung der Wirbelsäule nötig sein (Sponylodese).

Prognose

Die Prognose der Sponylolisthesis hängt von der Ausprägung und begleitenden Veränderungen wie Nervenwurzelkompression und Spinalkanalstenose ab. Daneben ist das Training der Bauchmuskulatur und Rückenmuskulatur entscheidend. Menschen mit gut trainierter Muskulatur können weiteren Beschwerden vorbeugen.

Selbsthilfe zu Wirbelgleiten

Wirbelgleiten lässt sich häufig vorbeugen, indem die Bauchmuskulatur und Rückenmuskulatur trainiert wird. Starke Muskeln halten und stabilisieren die Wirbelsäule, sodass die Wahrscheinlichkeit einer Spodylolisthesis gering ist. Neben gezielten physiotherapeutischen Übungen helfen rückenschonende Sportarten wie Rückenschwimmen, Fahrradfahren, Nordic Walking und Tanzen.

Links zu Wirbelgleiten

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Universitätsklinikum Essen
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