Geräuschüberempfindlichkeit (Hyperakusis)

Wissen zu Geräuschüberempfindlichkeit

Als Hyperakusis wird eine unnatürliche Empfindlichkeit gegenüber Schall bezeichnet. Geräusche und Töne, die in der Regel noch nicht als unangenehm empfunden werden, werden bei der Geräuschüberempfindlichkeit als unangenehm laut wahrgenommen. Falls es sogar zu schmerzhaftem Hören kommt, ist das eine sogenannte Hyperakusis dolorosa. Durch die starke Überempfindlichkeit kann es beim Hören selbst sehr leiser Töne schon zu Herzrasen und Schwitzen kommen – als Zeichen einer Stressreaktion. Die Hyperakusis kann eine eigenständige Erkrankung sein oder aber ein Symptom einer anderen Grunderkrankung. Bei Kindern kommt eine solche Geräuschüberempfindlichkeit nur selten vor.

Ursachen

Die Ursachen sind sehr vielfältig. Oftmals tritt die Hyperakusis nach einem Hörsturz auf. Außerdem kann Stress die Hörempfindung wesentlich beeinflussen. Psychische Erkrankungen wie Depression oder Angststörungen können ebenfalls zu einer Hyperakusis führen. Fachleute gehen davon aus, dass in der Vielzahl der Fälle die Verarbeitung der Hörsignale gestört ist. Es können aber auch neurologische Erkrankungen wie Multiple Sklerose und Epilepsie die Ursache sein. Substanzen, die das Innenohr schädigen, wie zum Beispiel höhere Dosen Acetylsalicylsäure (ASS), Chinin oder Vitamin B in größeren Mengen kommen auch als Ursache in Frage. Nicht ungewöhnlich ist die Geräuschüberempfindlichkeit bei der so genannten Facialisparese.
Der Nerv, der für die Gesichtsmuskulatur zuständig ist, ist dabei gelähmt. Von diesem Nerv (Nervus facialis) gehen verschiedene Äste ab, die mitbetroffen sein können. Einer davon – der Nervus stapedius – ist wichtig für den Stapediusreflex, einer Funktion der Gehörknöchelchen-Kette. Dieser Reflex führt dazu, dass Töne und Geräusche ab einem bestimmten Schalldruckpegel verändert werden, damit das Innenohr vor zu lautem Schall geschützt wird. Die Töne werden dann leiser gehört, als sie eigentlich sind. Ist dieser Mechanismus gestört, kommt es zur Hyperakusis. Die Hörstörung besteht immer nur auf der Seite der Lähmung. Zum vollständigen Erlöschen des Stapediusreflexes mit Hyperakusis kann es auch durch eine Otosklerose-Operation kommen.

Diagnose zu Geräuschüberempfindlichkeit

Wichtig für die richtige Diagnose ist die Anamnese, die Erkundung der Krankheitsvorgeschichte. Es ist wichtig zu wissen, seit wann die Geräuschüberempfindlichkeit besteht, ob sie bei allen Tönen und Geräuschen gleich heftig ist und in welchen Situationen sie eventuell besonders stark auftritt. Zudem sind Kenntnisse zu Freizeitverhalten und dem Beruf des Betroffenen wichtig. In jedem Fall folgt eine Untersuchung durch einen Hals-Nasen-Ohrenarzt. Es wird auch ein Hörtest gemacht, wobei dieser meist ein normales bis sehr gutes Gehör zeigt.
Es kann aber auch eine Schwerhörigkeit mit Schädigung der Haarzellen im Innenohr vorliegen. Weitere Untersuchungen zur Feststellung der Ursache sind nötig. Welche das sind, hängt unter anderem von weiteren Symptomen (Tinnitus, Gesichtslähmung, depressive Verstimmung) und der Krankengeschichte des Betroffenen ab. Wichtig zu wissen ist, dass es keine standardisierte diagnostische Vorgehensweise bei einer Hyperakusis gibt.

Behandlung zu Geräuschüberempfindlichkeit

Falls es bei Hyperakusis eine bestimmte Ursache gibt, ist die Therapie der Wahl die Behebung der Ursache. Meist besteht dann auch die Geräuschüberempfindlichkeit nicht mehr. Im Prinzip gibt es keine Standard-Behandlungsstrategie.
Sollte sie als eigenständige Erkrankung vorhanden sein oder sich gar als Symptom oder Co-Erkrankung verselbständigt haben, kann eine Verhaltenstherapie oder andere Psychotherapie helfen – sowohl zur Behandlung einer psychisch bedingten Hyperakusis als auch zur Unterstützung und Hilfe beim Umgang mit der Erkrankung. Stress oder gar Lärmschmerz auslösende Geräusche können identifiziert und deren Bedeutung geklärt werden.
Ebenso kann eine Art Tinnitus-Retraining-Therapie sinnvoll sein, vor allem, wenn der Betroffene gleichzeitig einen Tinnitus hat. Es geht dabei vor allem darum, genau über die Erkrankung aufzuklären und im Umgang mit der Hörstörung zu helfen und Verarbeitungsstrategien an die Hand zu geben (autogenes Training, Sport, verhaltenstherapeutische Aspekte).
Außerdem soll mit Hilfe eines Tinnitus Nosiers, einem speziellen Hörgerät, die Verarbeitung von Hörsignalen dahingehend beeinflusst werden, dass bestimmte Geräusche und Töne wieder besser nach wichtig und unwichtig eingeteilt werden können, wodurch Ohrgeräusche als weniger störend bis gar nicht mehr wahrgenommen werden, und unangenehme oder gar schmerzhafte Geräusche nicht mehr als solche empfunden werden.

Selbsthilfe zu Geräuschüberempfindlichkeit

Im Allgemeinen ist es bei einer Hyperakusis sinnvoll, für eine beständige leise Geräuschkulisse zu sorgen. Das kann ein Wasserplätschern von einem Springbrunnen sein, leise Musik oder ein Ventilator. Die Töne sollten nicht störend sein und nur so laut, dass sie gerade eben noch wahrgenommen werden können. Betroffene sollten sich über Nosiers – spezielle Hörgeräte – beraten lassen. Der Prozess der Habituation, das meint die Desensibilisierung, kann bis zu einem Jahr dauern. Deshalb kann auch unterstützende Verhaltenstherapie in Erwägung gezogen werden.

Links zu Geräuschüberempfindlichkeit

Deutsche Tinnitus-Liga e. V.
Gemeinnützige Selbsthilfeorganisation
http://www.tinnitus-liga.de

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